Sabine B. aus Bern wollte schon lange mal nach Kuba. Sie ist zwar keine passionierte Salsa-Tänzerin und spricht auch kein Spanisch. Trotzdem hat sie es auf einmal eilig: «Jetzt oder nie», sagt sie. «Das alte, sozialistische Kuba gibt es ja vielleicht bald gar nicht mehr.» Dem grossen Ansturm amerikanischer Touristen nach der Öffnung will sie zuvorkommen.
Während am Freitag Bundesrat Didier Burkhalter zur offiziellen Wiedereröffnung der US-Botschaft in Havanna weilte, ist Sabine B. in der Berner Altstadt schon mal einen Kuba-Reiseführer kaufen gegangen. Sie will das Land auf eigene Faust entdecken, zusammen mit ihrem Freund.
Jährlich besuchen rund drei Millionen Touristen Kuba – Tendenz steigend. Dieses Jahr sollen es bereits etwa eine Million Amerikaner sein, die die gelockerten Reisebestimmungen nutzen.
So viel Buchungen wie noch nie
Nachdem nun die diplomatische Eiszeit zwischen den USA und dem einstigen Erzfeind beendet ist, könnte die Zahl der amerikanischen Kuba-Besucher auf bis zu zehn Millionen jährlich steigen, schätzt die kubanische Regierung optimistisch.
In der Schweiz ist der Kuba-Boom längst voll im Gang. Die Buchungen hätten markant zugenommen, sagt Mediensprecher Peter Brun vom Reiseveranstalter Kuoni. Die Leute ziehe es nun vermehrt in die Hauptstadt Havanna. «Sie suchen das authentische Kuba.» Daneben ist die klassische Badeferien-Destination Varadero an Nordküste der Insel nach wie vor im Angebot.
«Ja, Kuba boomt», bestätigt Tanael Michel vom Reisespezialisten Cuba Real Tours. «Noch nie hatten wir so viele Anfragen». Normalerweise gebe es im Sommer ein Zwischentief, bevor dann im November die Hauptreisezeit beginnt. Doch dieses Jahr ist es anders: «Das übliche Zwischentief blieb aus.»
Betten werden knapp
Tatsächlich dürfte es sich für Kuba-Aficinados lohnen, rasch zu buchen: «Je mehr Amerikaner kommen, umso grösser wird der Ansturm auf die sowieso immer knapperen Hotels und Mietautos in Kuba», sagt Michel von Cuba Real Tours. Bereits heute seien viele kleinere Hotels in der Altstadt von Havanna und im Hinterland frühzeitig ausgebucht.
Die Leute zieht es vermehrt in die Hauptstadt Havanna. Sie suchen das authentische Kuba.
Mehr und mehr Kuba-Reisende weichen darum aus auf private Unterkünfte, die sogenannten Casas Particulares. «Dort kommt man mit der kubanischen Bevölkerung in direkten Kontakt, auch auf Rundreisen in Kuba ist die Übernachtung in einer Casa Particular eine gute Alternative», so Michel.
Zürich – Havanna zwei Mal pro Woche
Auf den Kuba-Boom hat die Ferienfluggesellschaft Edelweiss bereits reagiert. Erst im Mai 2014 hatte sie einen wöchentlichen Direktflug Zürich – Havanna lanciert. Diesen Sommer verdoppelte Edelweiss wegen der grossen Nachfrage das Angebot auf zwei Flüge pro Woche.
«Das Interesse der Kunden ist riesig», sagt Mediensprecher Andreas Meier. «Viele Leute wollen jetzt noch das authentische Kuba erleben mit Oldtimern auf den Strassen und dem Charme verlotterter Häuser-Fassaden in Havanna».
Ob und wie Kuba den touristischen Ansturm bewältigen kann, ist eine andere Frage. Ohne riesige Investitionen in die Infrastruktur wird es kaum gehen. Doch diese benötigen Zeit.
Derweil müssen sich Kuba-Reisende mit den knapper werdenden Kapazitäten bei den Hotels und Mietautos arrangieren. Für Kubas serbelnde Wirtschaft ist der neue Reiseboom dagegen ein Pluspunkt. Das Land kann die zusätzlichen Deviseneinnahmen gut brauchen.