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Wirtschaft Ausländische Studenten als Reservoir für den Arbeitsmarkt

Die Bologna-Reform hat das europäische Hochschulsystem umgekrempelt. Dass die Studenten mobiler werden, war beabsichtigt. Der Präsident des Arbeitgeberverbands begrüsst aber eine Entwicklung, die nicht im Sinne der Idee gewesen sein kann: dass die Absolventen gleich in der Schweiz bleiben.

Die Zahlen sprechen für sich. Bevor die Schweiz begann, das europäische Hochschulsystem einzuführen, studierten in der Schweiz 96‘700 Personen an Hochschulen. 19‘400, oder 20 Prozent, davon waren Ausländer.

15 Jahre nach der Bologna-Reform, im Wintersemester 2015/16 haben sich beide Zahlen deutlich erhöht, jene der ausländischen Studenten aber überproportional: 146‘000 Studenten zählten die Universitäten, darunter 43‘600 Ausländer. Damit stammt heute fast ein Drittel der Studenten aus dem Ausland.

Valentin Vogt
Legende: SAV-Präsident Valentin Vogt: «Wir haben unseren Nutzen aus Bologna gezogen.» SRF

Kommen, Abschluss machen, bleiben

Mobilität war eines der grossen Ziele der Bologna-Reform. Man vereinheitlichte die Hochschul-Abschlüsse, um einen europäischen Hochschulraum zu schaffen.

Valentin Vogt, Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverbands, streicht Vorzüge heraus, die noch einen Schritt weitergehen, und die kaum im Zentrum der Bologna-Reform standen: Die Schweiz nutzt die internationale Vernetzung, um Fachkräfte anzuziehen: «Uns gelingt es zum Beispiel, Masterstudenten aus dem Ausland in die Schweiz zu bringen und sie entsprechend auszubilden, zu sozialisieren und dann in den Arbeitsmarkt in der Schweiz zu integrieren.» Vogt bezeichnet das als «gewissen Vorteil», den die Schweiz aus der Bologna-Reform gezogen hat.

Zwei Drittel der Absolventen bleiben

Auf Anfrage von «ECO» gibt das Bundesamt für Statistik zudem diese Zahl bekannt: Von den Personen, die ihre Hochschulreife im Ausland erworben haben, arbeiten zwei Drittel anschliessend in der Schweiz (66,2 Prozent). Damit hatte und hat Bologna auch einen Einfluss auf die Zuwanderung in die Schweiz – und diese führt bekanntlich immer wieder zu politischen Diskussionen und Vorstössen.

Der Schweizer Wirtschaft gelingt es gut, Absolventen bei sich unterzubringen. Valentin Vogt führt das auf das speziell schweizerische Modell zurück: «Wir haben eine Dreiteilung, indem wir sehr starke Fachhochschulen haben, wir haben eine sehr starke Tertiär-B-Ausbildung – das sind die höhere Fachausbildung, also die Meisterprüfung – und wir haben die Uni.» Damit begründet er auch, weshalb die Schweiz die Bologna-Reform nur halbherzig umgesetzt hat.

«Braindrain» für die anderen

Dass der Schweizer Arbeitsmarkt Personen absorbiert, die ihre Ausbildung oder einen Teil davon im Ausland gemacht haben, heisst für andere Länder vor allem: «Braindrain», Wissensabfluss. Das ist für diese Länder ein Ärgernis, tragen sie doch die Ausbildungskosten.

Deutschland beklagt schon lange die Abwanderung von Hochqualifizierten wie etwa Ärzten, schafft es aber nicht gut genug, sie zu halten. Besonders nachhaltig ist die negative Wirkung, wenn jene gehen, die Innovationstreiber sind. Vor zwei Jahren kam eine Studie im Auftrag der deutsche Bundesregierung zum Schluss: «Deutschland verliert zu viele seiner Spitzenforscher.»

Zwischen 1996 und 2011 seien rund 4000 Wissenschaftler mehr ins Ausland abgewandert als ins Land kamen – die meisten darunter in die, wie die Experten schreiben «exzellenten Wissenschaftssysteme der USA, der Schweiz und Grossbritanniens».

Zudem gelänge der Schweiz etwas Zweites auffällig gut: die eigenen Wissenschaftler, wenn sie denn mal gegangen seien, wieder ins Land zurückzuholen. Die Studie positioniert die Schweiz auf dem Spitzenplatz des Wissenszuflusses. Die Wissenschaftler teilen sich auf in 80,7 Prozent ansässigen, 10,8 zugewanderten Wissenschaftlern und 8,5 Prozent Rückkehrern.

Die Schweiz werte ihren Wissenspool «konsequent durch einen Neuzufluss an hervorragenden Wissenschaftlern» auf, heisst es, und gewinne die Besten zurück bzw. könne sie halten.

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