Wer hat’s erfunden? Ein Deutscher. Der Nahrungsmittelriese Nestlé geht auf Firmengründer Heinrich Nestle zurück, der am 10. August 1814 in Frankfurt am Main geboren wurde. Nach einer vierjährigen Apothekerlehre kam Nestle 1839 nach Lausanne, wo er seinen Namen dem Französischen anpasste und sich künftig Henri Nestlé nannte.
Marken mit Aha-Effekt
Dass ein Deutscher den Grundstein zu einem Schweizer Weltkonzern legte, ist nur einer der wenig bekannten Fakten rund um Nestlé: Auch Markennamen wie Herta (Wurstwaren), Buitoni (Pasta und Saucen), Butterfinger (Getreideriegel), Häagen-Dazs (Glacé) oder Felix (Tiernahrung) bringen die meisten Konsumenten kaum mit dem Waadtländer Unternehmen in Zusammenhang.
Und was viele auch nicht wissen: Das Nestlé-Logo mit dem Vogelnest, in dem die Mutter ihre Jungen füttert, stammt nicht von Marketingexperten. Es ist vielmehr das Familienwappen von Henrich Nestle alias Henri Nestlé, als welcher er später eingebürgert wurde.
Für den Firmenausbau fehlte das Geld
Am Anfang des heutigen Lebensmittelgiganten aus Vevey stand das von Nestlé 1867 erfundene Kindermehl. Mit dieser einfach anzurührenden Säuglingsnahrung wollte der Firmengründer die hohe Kindersterblichkeit jener Zeit bekämpfen. Da damals in grossen Teilen Europas viele Säuglinge nicht mit Muttermilch gross gezogen wurden, war dem Produkt sofort ein reissender Absatz sicher.
Die Nachfrage war bald so gross, dass Nestlé die Produktion laufend ausbauen und in neue Maschinen investieren musste. Das brachte ihn an finanzielle Grenzen, weshalb er seine Firma 1875 verkaufte. Seine Nachfolger machten eine Aktiengesellschaft daraus und sorgten damit auch auf der Kapitalseite dafür, dass die Expansion zum Weltkonzern weitergehen konnte.
Mit neuen Produkten zum Giganten
Zur Babynahrung kamen vor allem durch Firmenübernahmen andere Produkte wie Süssigkeiten, Kaffee, Wasser, weitere Getränke oder Tiernahrung ins Angebot von Nestlé. So liegt der Konzern mit seinen 92,2 Milliarden Franken Umsatz im letzten Jahr laut dem Magazin Forbes auf Rang 63 der weltweit grössten Unternehmen; je nach Massstab (Gewinn, Wert der Marke) landet der Konzern sogar noch deutlich weiter vorne. In der Nahrungsmittelbranche ist er gar der grösste.
Immer wieder in der Kritik
Das breite Geschäft mit Nahrungsmitteln bringt Nestlé regelmässig Kritik von Umweltschützern und Nichtregierungs-Organisationen ein und sorgt für negative Schlagzeilen. Etwa durch die umstrittene Privatisierung von Trinkwasser, speziell in Drittweltländern, oder durch den Einkauf von Rohstoffen wie Kaffee oder Kakao.
Der bisher grösste Skandal geht auf die aggressiven Vermarktungsmethoden für Babymilch in den 1970er Jahren zurück: Der Konzern schickte als Krankenschwestern verkleidetes Verkaufspersonal in Entwicklungsländer, wo diese Gratismuster verteilte. So machte die Firma Mütter von ihrem Produkt abhängig, obwohl sie häufig gar kein sauberes Wasser für dessen Zubereitung hatten.
Botox soll Nespresso-Erfolg wiederholen
Künftig soll der Erfolg von Nestlé weniger von Massenware wie Schokolade, Suppenwürfeln oder Fertigpizzen abhängen, sondern von exklusiveren Produkten mit grösseren Verdienstmöglichkeiten wie etwa den Kaffeekapseln von Nespresso. Das ist die Strategie des seit 2008 amtierenden Konzernchefs aus Belgien, Paul Bulcke.
Immer mehr entwickelt sich Nestlé auch in Richtung eines Gesundheits- und Lifestyle-Unternehmens. So hat der Konzern seit kurzem auch Botox im Angebot. Er sicherte sich für 1,4 Milliarden Franken die Rechte am Vertrieb von Anti-Falten-Produkten. In der Hautheilkunde ist Nestlé zwar schon länger tätig, doch mit diesem Zukauf soll der Bereich «Skin Health» zu einem wichtigen Unternehmenszweig ausgebaut werden. Analysten glauben, dass Nestlés Wirkstoffe gegen Falten einst so erfolgreich sein könnten wie Nespresso.
Mit Nahrungszusätzen in die Zukunft
Noch weiter in die Zukunft weisen die Bemühungen, personalisierte Nahrungsmittelzusätze herzustellen. Ein Forschungsprojekt mit der amerikanischen Firma Waters soll es ermöglichen, Menschen individuell mit der von ihnen benötigten Dosis etwa an Vitaminen zu versorgen.
Massgeschneiderte Nahrungszusätze sollen aber auch Volkskrankheiten wie Diabetes, Fettleibigkeit oder gar Alzheimer vorbeugen helfen. Dazu muss es den Forschern allerdings zunächst gelingen, vereinfachte und billigere Testmethoden für Ernährungsdefizite oder Krankheiten zu entwickeln.
SRF 4 News, 8 Uhr