Sind Europas Banken ausreichend gegen Krisen gewappnet? Wie bereits vor drei Jahren wurden die wichtigsten Finanzhäuser erneut in Stresstests monatelang auf Herz und Nieren untersucht. Am Sonntag will die Europäische Zentralbank (EZB) die Ergebnisse veröffentlichen. Heute werden die Banken informiert, womit schon bald erste Resultate durchsickern könnten. Unter den geprüften Banken ist auch die Luxemburger Tochter der UBS.
Risikopositionen unter der Lupe
In einem ersten Teil wurde erstmals getestet, wie es um die besonders riskanten Positionen in den Bilanzen steht. Etwa, ob da noch faule Kredite schlummern, die dann eventuell bereinigt werden müssen. Damit sollte im Vergleich zu früheren Stresstests noch durch die europäische Bankenaufsicht eine solidere Bewertungsgrundlage geschaffen werden.
In einem zweiten Teil, dem eigentlichen Stresstest, spielte die EZB je nach Bank bestimmte Szenarien durch. Bei den österreichischen Banken beispielsweise, die eher im osteuropäischen Markt präsent sind, wurden wirtschaftliche Probleme in Osteuropa simuliert. So wollten die Prüfer herausfinden, wie gut die Banken für die nächste Krise gerüstet sind.
Acht Prozent Kernkapital
Um den Test zu bestehen, gibt es klare Kriterien. Wenn sich etwa zeigt, dass eine Bank mangels genügend Eigenkapital eine Krise nur mit dem Staat und damit dem Steuerzahler überstehen könnte, ist sie durchgefallen. Die Grenze setzte die EZB bei acht Prozent des harten Kernkapitals fest. Wenn also eine Bank einen Kredit von 100 Euro für ein riskantes Immobilienprojekt vergibt, muss sie mindestens acht Euro als Eigenkapital bereithalten.
Wenn eine Bank das Kriterium nicht erfüllt, kann sie innerhalb von sechs bis neun Monaten nachbessern und ihr Eigenkapital stärken. Entweder aus eigener Kraft oder mit Unterstützung des jeweiligen Staates. Wenn das nicht erfolge, werde man nicht davor zurückschrecken, diese Bank notfalls abzuwickeln, drohte die EZB.
Viele Banken haben schon reagiert, bevor das Ergebnis des Stresstests überhaupt vorliegt: Die Deutsche Bank zum Beispiel besorgte sich über Kapitalerhöhungen bereits frisches Geld. Andere Institute schrieben Altlasten in den Bilanzen bereits radikal ab. Die portugiesische Espirito Santo wurde als Folge dieser vorgezogenen Stresstests bereits im Sommer aufgespalten und hat also nicht mehr viel zu befürchten.
Spekulationen über schlechte Noten
Über die durchgefallenen Institute kann zurzeit nur spekuliert werden. Die spanische Nachrichtenagentur EFE etwa will herausgefunden haben, dass mindestens elf der 130 Banken nicht bestanden haben. Darunter sollen sich drei griechische, drei Italienische und zwei österreichische Institute befinden. Die Investmentgesellschaft Pimco rechnet gar mit 18 durchgefallenen Banken.
Für Christian Gattiker, Finanzmarkt-Fachmann bei der Bank Julius Bär, ist klar, dass dieses Mal nicht alle Banken den Stresstest bestehen werden. Die EZB habe sich mit den letzten Stresstests blamiert und könne es sich nicht mehr leisten, allzu lasch mit dem Thema umzugehen, erklärte er im «Rendez-vous».
Es stelle sich nun die Frage, wie stark die Schraube angezogen werde. Im Moment wird laut Gattiker erwartet, dass ein bis zwei Exempel an grossen Instituten statuiert werden und dass auch bei den kleineren Banken einige durchfallen.
Die EZB hat bisher alle Spekulationen zurückgewiesen. Mit dem Hinweis, dass die Banken erst am heutigen Donnerstag informiert würden und das endgültige Ergebnis am Sonntag veröffentlicht werde.
Und die Schweizer Banken?
Was die Bedeutung der europäischen Testergebnisse für die Schweizer Grossbanken betrifft, so betonten deren Chefs wiederholt ihre starken Sicherheitspolster. So heute auch CS-Chef Brady Dougan, der anlässlich der neuesten Quartalszahlen erklärte, dass sein Institut den EZB-Stresstest mühelos bestehen würde.