Der Erdölpreis war dieser Tage so tief wie schon seit dreizehn Jahren nicht mehr. Viele Schweizer dürfte dies freuen. Denn fast die Hälfte der Gebäude in der Schweiz wird heute noch mit Heizöl beheizt. Gemäss dem Landesindex der Konsumentenpreise hat sich Heizöl über die vergangenen vier Jahre um rund 25 Prozent verbilligt. Anders beim Erdgas: Dort haben sich die Preise im gleichen Zeitraum kaum bewegt.
Wettbewerb auf dem Gasmarkt
Im Gasmarkt galt lange eine Faustregel: Wenn Heizöl teurer wird, werden bald auch die Gaspreise in die Höhe schnellen. Der Grund war die Bindung des Gaspreises an den Ölpreis.
In den 1970er Jahren wollten Erdgasförderer wie Exxon und Shell mit der Ölpreisbindung sicherstellen, dass Gas im Falle eines Einbruchs des volatilen Ölpreises als neuer Energieträger attraktiv bleibt. Denn damals wusste niemand, ob Erdgas – lange ein Abfallprodukt der Ölförderung – überhaupt am Markt bestehen würde.
Preisbindung hat stetig abgenommen
Diese Zeiten sind vorbei. «Verträge, die an den Ölpreis gebunden sind, haben in der Gaswirtschaft stetig abgenommen», erklärt Thomas Hegglin vom Verband der Schweizerischen Gasindustrie.
Heute beschaffen sich Schweizer Versorger über 50 Prozent des Gases an den europäischen Terminmärkten. Während der Erdölpreis stark durch die Fördermenge getrieben wird, die die Förderländer auf den Markt werfen, ist der Preis für Erdgas relativ stabil.
Derzeit übersteigt die Fördermenge beim Erdöl die weltweite Nachfrage, was den Preis in die Tiefe drückt. Beim Erdgas wurden dagegen viele langfristige Lieferverträge abgeschlossen. Während also der Wiedereintritt Irans als Erdölproduzent auf dem Weltmarkt Öl noch einmal verbilligte, hat dies den Erdgaspreis wenig beeinträchtigt.
Schweizer Verteiler erhöhen die Preise
Ein weiterer Grund für die relativ hohen Gaspreise sind die hohen Fixkosten. Die Gasverteiler weisen darauf hin, dass sich die Erdgaspreise nicht nur aus den Beschaffungskosten zusammensetzen, sondern auch aus den Kosten für Transport und Verteilung. «Erdgas gelangt über Hochdrucknetze quer durch Europa in die Schweiz. Diese sehr teure Leitungsinfrastruktur muss bei den Endpreisen berücksichtigt werden», so Thomas Hegglin.
In einigen Schweizer Regionen sind die Erdgaspreise Anfang Jahr sogar gestiegen. Mit dem Weltmarkt hat dies allerdings wenig zu tun. Vielmehr ist die gesetzliche Lenkungsabgabe auf fossile Brennstoffe von 60 auf 84 Franken pro Tonne CO2 gestiegen. Viele Gasversorger haben deshalb ihre Tarife erhöht.
Fazit: Der verhältnismässig hohe Gaspreis wird einige der rund 300'000 Gaskunden in der Schweiz verärgern. Anders als zu Zeiten der Ölpreisbindung können sie einer Steigerung des Ölpreises allerdings gelassen entgegensehen. Der Erdgaspreis dürfte dann nicht mehr so stark mitziehen.