Um die Höhe der «Leverage Ratio» ist eine heisse Diskussion in Gang. Diese Kennzahl drückt aus, wie dick das Sicherheitspolster einer Bank ist: Sie gibt das ungewichtete Verhältnis von Eigenkapital zur Bilanzsumme wieder, lässt bankinterne Risiko-Modelle ausser Acht. Je höher die Leverage Ratio, desto dicker das Sicherheitspolster, das Verluste auffangen kann.
Nun meldet sich im Wirtschaftsmagazin «ECO» Jaime Caruana zu Wort. Der Spanier ist Generaldirektor der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel. Auf die Frage, ob er eher fünf oder sechs Prozent statt die bislang im Raum stehenden drei Prozent bevorzuge, sagt er: «Ich persönlich bevorzuge hohe Quoten».
Wirtschaftshistoriker fordert mindestens 10 Prozent
Caruanas Meinung gelangt selten vor ein breites Publikum. Doch hat sie Gewicht: Der BIZ gehört der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht an, ein Gremium mit Bankenaufsehern aus 27 Ländern, welche Standards («Basel III») festlegt. Man müsse aber in Betracht ziehen, so Caruana, dass die Basler Standards Minimal-Vorgaben seien. «Jedes Land kann selbst entscheiden, welche Quote zu den länderspezifischen Bedingungen passt.»
Zum Thema
Wie bedeutend die Debatte um die Leverage Ratio für Banken ist, zeigt diese Episode: Im Herbst letzten Jahres hatte Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf am Rande einer Parteiveranstaltung gesagt, die aktuell in der Schweiz geltenden Vorschriften von 4,5 Prozent seien womöglich zu schwach – sechs bis zehn Prozent seien wohl geeigneter. Tags darauf schlossen die Aktien von UBS und Credit Suisse um mehr als fünf respektive mehr als sechs Prozent im Minus.
In den Augen des Zürcher Wirtschaftshistorikers Tobias Straumann wäre Widmer-Schlumpfs Maximalforderung erst das Minimum: «Aus historischer Sicht müssen die Kapitalpuffer mindestens zehn Prozent sein. Verschiedene Krisen wären in der Vergangenheit viel schlimmer gewesen, wenn man so geringe Vorschriften gehabt hätte, wie man sie jetzt wieder neu aufsetzt».
Appell auch an Adresse der Zentralbanker
Caruana appelliert im Interview mit «ECO» nicht nur an die Banker, sondern auch an die Notenbanker. Es geht um die expansive Politik zahlreicher Zentralbanken seit Ausbruch der Finanzkrise: Die Zentralbanken senkten die Leitzinsen und pumpten Geld in die Wirtschaft, um diese anzukurbeln – begünstigten damit aber auch eine weitere Verschuldung von Regierungen, Unternehmen und Haushalten. Zu viel billiges Geld im Umlauf erhöht das Risiko einer Geldentwertung (Inflation).
Darauf angesprochen, sagt Caruana: «Es ist riskant, die Normalisierung dieser Geldpolitik zu lange zu verschieben». Dies sei eine Sichtweise, die auch bei Diskussionen innerhalb der BIZ zur Sprache käme. «Die Notenbank-Chefs müssen nicht zwingend einverstanden sein mit allem, was wir sagen», so Caruana. Aber es werde geschätzt, «dass wir eine globale Sichtweise mit einer mittel- und langfristigen Perspektive anbieten».