Es ist offensichtlich, dass Chinas Wirtschaft ein Problem hat: Die Exporte sind im Juli um mehr als acht Prozent eingebrochen, was viele Beobachter auch auf den Wertzuwachs des Renminbi in den vergangenen Monaten zurückführen. Entwickelt sich der Aussenhandel weiter schlecht, könnte auch das von der Regierung angepeilte Wachstumsziel von sieben Prozent in Gefahr geraten.
Erschüttert wurde die Wirtschaft zudem durch den Börsencrash, bei dem viele Leute Vermögen verloren hätten, sagt der Ökonom und China-Experte Horst Löchel von der Frankfurt School of Finance and Management: «Dies alles wurde jetzt möglicherweise zu einem zu gefährlichen Mix für die Behörden und sie griffen in den Wechselkurs ein.»
Das Ausmass der Intervention zeigt die grosse Unruhe in der chinesischen Regierung.
Anders als Dollar, Euro oder Schweizer Franken wird die chinesische Landeswährung Renminbi (auch Yuan) nicht frei gehandelt. Stattdessen legt die Zentralbank täglich einen Referenzkurs fest. Am Dienstag senkten die Zentralbanker dieses Referenzkurs auf einen Schlag um 1,9 Prozent im Vergleich zum US-Dollar – und damit so stark wie noch nie in den letzten zehn Jahren.
Der Eingriff in den Wechselkurs sei eine sehr drastische Massnahme, um die Exporte zu stärken beziehungsweise Arbeitsplätze in der Exportindustrie zu erhalten, erklärt Löchel. Das Ausmass der Intervention zeige die grosse Unruhe in der chinesischen Regierung ist, denn sie hätte beispielsweie auch mit Zinssenkungen für Banken, erleichterten Kreditvergaben oder der Senkung der Mindestreserven reagieren können.
Die Schattenseite
«Die Motivation, durch Abwertung die Exportgeschäfte anzukurbeln, ist deutlich zu erkennen», unterstreicht auch der chinesisch-stämmige Ökonom Xuewu Gu von der Universität Bonn. Ein verbilligter Renminbi könne den Exporteuren zumindest kurzfristig helfen, wieder Fuss zu fassen. Alle Waren würden im Ausland auf einen Schlag günstiger.
Allerdings gibt es laut Gu inzwischen auch viele chinesische Unternehmen, die auf Importe aus dem Ausland angewiesen sind. Diese Importeure müssten nun drauflegen: «Langfristig dürfte die Wirtschaft daher kaum profitieren von der Staatsintervention auf dem Devisenmarkt.»
Erneute Flucht in den Dollar verhindern
China-Kenner Gu vermutet daher, dass noch ein ganz anderer Grund hinter der massiven Intervention: «Wenn man warten würde, bis die US-Notenbank ihre Zinsen erhöht, wäre es zu spät für China. Denn dadurch könnte eine neue Welle der Kapitalflucht entstehen.»
Die chinesische Regierung versuche daher, vorzubeugen, indem sie die Landeswährung künstlich abwerte. Investoren, die auf der Suche nach mehr Rendite versucht sein könnte, ihre Renminbi künftig in US-Dollar zu tauschen, müssten daher für jeden Dollar deutlich mehr Renminbi hergeben, also teurer bezahlen. Dies ist laut Gu eine entscheidende Überlegung bei dieser Massnahme zum jetzigen Zeitpunkt.
Und wo sind die Verlierer?
China sei allerdings nicht das einzige Land, das auf diese Weise vorbeuge, bemerkt Gu. Im Gegenteil: Fast alle Industrieländer, aber auch asiatische Schwellenländer, hätten ihre Währungen gegenüber dem Dollar in den letzten Monaten abgewertet. Doch der Renminbi habe im Vergleich zu vielen anderen Währungen in den letzten Monaten kräftig an Wert gewonnen, zum Nachteil der Wirtschaft.
China wollte nicht mehr allein dastehen und erst noch auf Kosten der eigenen Wirtschaftsentwicklung.
Der Verlierer der heutigen Renminbi-Abwertung dürften die USA sein. Der Dollar legte zu, US-Produkte werden im Ausland teurer. Und dennoch dürften sich die Amerikaner mit der üblichen Anschuldigung eines von den Chinesen angezettelten Währungskriegs diesmal zurückhalten. Denn es schliesslich der Dollar, der den Chinesen das Leben schwer macht.