Es war ein denkwürdiger Tag: Philipp Hildebrand, Präsident der Schweizerischen Nationalbank und Rockstar unter den Währungshütern, trat vor die Medienschar. Und trat zurück.
Mit seinem Entschluss, sein «Amt per sofort zur Verfügung zu stellen», wie Hildebrand es selbst nannte, erreichte die Affäre um ihn ihren Höhepunkt. Einen Höhepunkt, der unaufhaltsam schien, war Hildebrand doch ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Der Vorwurf lautete: Ausnützen von geheimen Informationen zur persönlichen Bereicherung.
Dollarkäufe brachten Probleme
Der Grund für den Vorwurf und folglich auch für Hildebrands Rücktritt waren private Devisenkäufe seiner Frau Kashya vom 15. August 2011. Der Zeitpunkt des Geschäfts hätte nicht unpassender kommen können: Denn just in dieser Zeit kämpfte ihr Gatte als Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB) mit aller Kraft gegen die rasante Aufwertung des Schweizer Frankens.
Er flutete die Devisenmärkte mit Franken und bereitete die Kursuntergrenze von 1,20 Franken pro Euro vor. Denn die Flucht in die solide Schweizer Währung trieb den Kurs in die Höhe – und gefährdete die exportabhängige Wirtschaft.
Blocher hatte seine Finger im Spiel
Im Dezember 2011, also rund vier Monate nach dem Deal, gelangten Bankunterlagen zu diesen Devisenkäufen in die Hände des SVP-Chefstrategen Christoph Blocher.
Blocher, der sich mit seiner teilweise vehementen Kritik an Hildebrands Führung der SNB nie zurückgehalten hatte, eilte mit den Dokumenten zur Regierung. Er informierte Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf. Die stärkte Hildebrand bis kurz vor seinem Rücktritt den Rücken – auch öffentlich wie in der Polit-Sendung «Arena».
«Keiner rechtlichen Verfehlung bewusst»
Der Presse wurden Informationen zugespielt, worauf der Fall über die Festtage richtig ins Rollen kam. Hildebrand harrte zunächst aus. Er hoffte wohl, die Welle der Kritik würde schnell wieder abebben. Doch er hoffte vergebens und holte schliesslich zum Gegenschlag aus. Am 5. Januar 2012 stellte er sich erstmals den Fragen der Journalisten. Hildebrand wollte sich gegen die Vorwürfe wehren.
«Ich bin mir keiner rechtlichen Verfehlung bewusst», sagte der oberste Währungshüter und hoffte, damit die Affäre rund um die Dollarkäufe seiner Frau ad-acta legen zu können.
Das verhängnisvolle E-Mail
Doch dann tauchte ein verhängnisvolles E-Mail auf. Dieses legte nahe, dass der SNB-Chef – entgegen seinen Beteuerungen – doch über die Devisengeschäfte seiner Frau im Bild gewesen sein musste.
Hildebrand trommelte ein zweites Mal die Medien zusammen. Er beteuerte zwar erneut seine Unschuld, verkündete dann aber auch seinen sofortigen Rücktritt als Notenbankpräsident. Er sagte vor und zu den Journalisten: «Wenn einige von Ihnen, das Gefühl haben, dass ich lüge, habe ich nicht als Mensch, sondern potenziell als Präsident des Direktoriums ein Problem.»
Zum Rücktritt gezwungen?
Das waren seine letzten Worte in der Ära Hildebrand, der Star unter den Notenbankern. Die Medien hatten ihn zuvor als einsamen Kämpfer gegen den starken Franken porträtiert. Und die Schritte der SNB unter seiner Regentschaft wurden aufmerksamer als üblich verfolgt. Die Ära Hildebrand ging am 9. Januar 2012 – relativ überraschend – zu Ende.
Ganz freiwillig, wie Hildebrand es selber darstellte, hat er die grosse Bühne aber anscheinend nicht verlassen. Letztlich soll der SNB-Bankrat ihn dazu gedrängt haben.
(prus)