Begonnen hatte alles ganz klein, mit einer Autogarage des Grossvaters. In den 70er-Jahren trat Vater Hugo in Aktion, sagt Thomas Buomberger. Der Journalist und Historiker hat den Aufstieg und Fall der Erb-Gruppe in einem Buch nachgezeichnet. «Er war der erste, der japanische Autos in die Schweiz importiert hat.»
Damit sei das Imperium durchgestartet. Zuerst kaufte Vater Hugo, später Sohn Rolf Erb, zahlreiche Firmen in zahlreichen Branchen dazu. Neben dem Autohandel waren es Küchenfirmen, Industriebetriebe, Immobilienunternehmen und Finanzgeschäfte. So entstand ein Konglomerat aus etwa 80 Firmen, mit einem Umsatz im Milliardenbereich und rund 5000 Angestellten.
Durch Missmanagement zerstört
«Die Erb-Geschichte ist ein Beispiel dafür, wie man sich aus bescheidensten Anfängen mit Tüchtigkeit, Unternehmergeist und schlauem Handeln ein Imperium aufbauen kann», erklärt Buomberger. «Aber es ist auch ein Beispiel dafür, wie ein Imperium durch Missmanagement zerstört werden kann.»
Der Fall Erb sei einzigartig in der Schweizer Wirtschaftsgeschichte, und er werde sich wohl so rasch nicht wiederholen, glaubt Christoph Lechner, Professor für Strategiefragen an der Universität St. Gallen. «Man findet diese Art von Firmenimperium im Westen kaum noch. Man nennt das ungezügelte Diversifikation, wenn ich in Gebiete hineingehe, von denen ich keine Ahnung habe.»
Schweizer Firmen in Nischen erfolgreich
Schweizer Unternehmen würden mittlerweile eine andere Strategie verfolgen, so Lechner. «Wenn man die Wirtschaft in der Schweiz anschaut, sieht man, dass viele mittlere und kleine Unternehmen sehr stark in Nischen tätig sind. Von daher ist es sehr unwahrscheinlich, dass sie die Nische verlassen, sondern sie bemühen sich eher, die Nische zu globalisieren, und so Wettbewerbsvorteile zu haben.»
Diese Nischen-Strategie sei rein finanziell erfolgversprechender. Entsprechend würden inzwischen auch Investoren, Aktionäre und Kreditgeber klar fokussierte Firmen bei ihren Anlage-Entscheiden vorziehen, beobachtet der Strategie-Experte Lechner.
Wettbewerbsdruck wird grösser
Anders sieht es in Asien aus: Dort gibt es nach wie vor kunterbunt zusammengeschusterte Konglomerate, wie es die Winterthurer Erb-Gruppe vor ihrem Kollaps war. «Ich glaube, in Asien wird diese Tendenz, wie wir sie hier sehen, auch kommen», sagt Lechner.
Der Druck, in einzelnen Bereichen gut zu sein, werde stärker. «Man kann nur in wenigen Bereichen gut sein. In anderen verliert man einfach im Wettbewerb.»
Das Erb-Imperium wird wohl noch Thema in so manch einer Vorlesung von Professor Lechner sein. Denn es handelt sich – nach dem Swissair-Grounding – immerhin um die zweitgrösste Firmenpleite der Schweizer Wirtschaftsgeschichte.