Die Nachfrage nach Öl, Gas, Edel- und Industriemetallen hat zwar etwas nachgelassen. Ursache dafür ist unter anderem die stotternde Wirtschaft in Europa. Den massiven Preiszerfall erkläre das aber nicht, sagt Warren Kreyzig, Rohstoffspezialist bei der Bank Julius Bär. Das Problem liege bei den Anbietern.
Der Preiszerfall sei die Folge des vergangenen Superzyklus. Förderfirmen und Produzentenländer bauten ihre Kapazitäten während der Boomphase in der Hoffnung auf ewig sprudelnde Gewinne massiv aus. Aber sie hätten übertrieben. Jetzt gebe es in fast allen Bereichen Überkapazitäten.
Der Trend hält an. Ich erwarte deshalb noch für längere Zeit tiefe Preise.
Kreyzig geht nicht davon aus, dass sich die Preise bald erholen. Denn die in der Boomphase aufgebauten Förderanlagen lassen sich nicht von heute auf morgen abstellen. Die Verluste wären zu gross. Lieber werfen die Firmen ihre geförderten Rohstoffe zu Schleuderpreisen auf den Markt. Hauptsache sie behalten Marktanteile. Ergo gelangen immer noch zu viele Rohstoffe auf den Markt.
Steigende Arbeitslosigkeit
Untätig bleiben die Förderfirmen aber nicht: Die Unternehmen, die in den betreffenden Ländern in Projekte investiert haben, versuchen jetzt ihrerseits ihre Kosten zu drücken, erklärt Lars Ehrlich vom Hamburgischen Weltwirtschafts-Institut HWWI: «Die Firmen müssen mit den tieferen Preisen zurechtkommen. Sie versuchen, die Effizienz zu verbessern und es werden auch viele Leute entlassen.»
Da die meisten Rohstoffe aus Entwicklungs- und allenfalls Schwellenländern kommen, trifft sie diese Umstrukturierung schwer. Zum einen erhalten sie weniger Einnahmen aus den Schürf- und Förderrechten. Zum andern wächst das Heer an Arbeitslosen.
Vielfältige Probleme in den Förderländern
Besonders ersichtlich wird dies beispielsweise in Afrika. Dort hat sich der Aufschwung markant abgeschwächt. Grund sind die tieferen Einnahmen aus dem Rohstoffgeschäft.
Die Länder Afrikas haben es zudem verpasst, mit den wachsenden Einnahmen aus den Schürf- und Förderrechten eine verarbeitende Rohstoffindustrie aufzubauen. Dies hätte geholfen, mehr Einnahmen im Land zu behalten. Zudem wären sie den Kapriolen der Rohstoffmärkte heute weniger ausgesetzt. Stattdessen floss das Geld häufig in Prestigeprojekte und in die Korruption.
Die Förderländer leiden aber nicht nur unter gesunkenen Fördereinnahmen und erhöhter Arbeitslosigkeit. Durch das schwächere Rohstoffgeschäft sinkt auch die Nachfrage nach ihren Landeswährungen, die damit an Wert verlieren. Die Folge: Sie müssten für importierte Waren und Dienstleistungen jetzt auch noch mehr bezahlen.