Vor allem von Deutschland ist die ultra-lockere Geldpolitik der Euopäischen Zentralbank (EZB) in letzter Zeit stark unter Beschuss geraten. Heftiger Kritiker ist Finanzminister Wolfgang Schäuble.
Mario Draghi wies diese Kritik am Donnerstag an seiner Medienkonferenz nach der EZB-Zinssitzung zurück. «Wir haben das Mandat, die Preisstabilität für die gesamte Euro-Zone zu sichern – nicht nur für Deutschland», sagte er. Das sei in den europäischen Verträgen so festgelegt.
«Unsere Rezepte wirken»
«Wir folgen dem Gesetz, nicht Politikern, denn wir sind unabhängig», entgegnete er mit Blick auf Schäuble. Die Rezepte der EZB unterschieden sich zudem kaum von denen anderer großer Zentralbanken. Und er ergänzte: «Unsere Rezepte wirken.»
Bisher kommt das viele billige Zentralbankgeld allerdings nicht im gewünschten Mass in der Wirtschaft an. Die Wirtschaft im Euroraum erholt sich nur schleppend, die Inflation ist nach wie vor im Keller. Mit der Geldflut will Draghi die Banken dazu bringen, weniger in Anleihen zu investieren und dafür mehr Kredite an die Wirtschaft zu vergeben.
Banken beklagen sich
Daran knpüfen neben Schäuble auch deutsche Unionspolitiker ihre Kritik an den Währungshütern. Sie weisen auf die Gefahren des billigen Geldes hin und fordern die Bundesregierung auf, auf eine Änderung der extrem lockeren Geldpolitik zu dringen. Schäuble äußerte die Sorge, die EZB könne euro-skeptische Bestrebungen befördern.
Auch die deutsche Bankenbranche beklagt seit längerem, dass Nullzinsumfeld und Strafzinsen es ihr immer schwerer machen, im klassischen Zinsgeschäft ausreichend Erträge zu erzielen. Lebensversicherer haben zudem Probleme, die ihren Kunden zugesagten Renditeversprechen einzulösen.
Geld bleibt im Euroraum extrem billig
Die EZB senkte den Leitzins zuletzt auf null Prozent und pumpt monatlich Milliarden in das Finanzsystem für den Kauf von Staatsanleihen. Daran soll sich auch nach der jüngsten Zinssitzung nichts ändern: Der Schlüsselsatz für die Versorgung der Banken mit Notenbankgeld bleibt bei null Prozent.
Unerändert bleibt auch der Strafzins für Geld, das Finanzinstitute über Nacht bei der Notenbank parkieren. Er beträgt weiterhin 0,4 Prozent.
Ab Juni kauft die EZB auch Firmenobligationen
Draghi gab an der Medienkonferenz zudem von der Finanzwelt erwartete Details zum Ankauf von Unternehmensobligationen bekannt. Die EZB hatte ihr Anleihen-Kaufprogramm im März auch auf Firmenanleihen ausgedehnt. Dabei habe sich die Zentralbank keine engen Grenzen gesetzt, sagte Draghi.
Es seien Käufe von Anleihen mit einer Laufzeit von bis zu 30 Jahren möglich. Klar ist auch, dass die Obligationen von Unternehmen keine «Ramschanleihen» sein dürfen. Ab Juni will die EZB auch Anleihen von Unternehmen kaufen.
Kein «Helikoptergeld» der EZB
Spekulationen über den Einsatz von «Helikoptergeld» – also Finanzspritzen an Unternehmen und Konsumenten unter Umgehung des normalen Bankensektors – wies Draghi zurück: «Wir haben das Thema niemals in der EZB diskutiert.» Es gebe zahlreiche «rechtliche und praktische Hürden» für eine solche Geldverteilung. Er sei erstaunt, welche Reaktionen seine Äusserungen dazu ausgelöst hätten. Draghi hatte die Idee angelsächsischer Ökonomen kürzlich auf Nachfrage als «sehr interessantes Konzept» bezeichnet. |