Braucht es mehr Frauen in den Verwaltungs-Räten von Schweizer Firmen? Diese Frage hat eine neue Studie des Beratungsunternehmens Deloitte und der Hochschule Luzern an 450 Verwaltungsrätinnen und -räte gestellt.
Das Fazit: Fast zwei Drittel begrüssen einen höheren Frauen-Anteil in Verwaltungsräten. Jedoch erachtet eine grosse Mehrheit von 91 Prozent der Befragten eine Geschlechterquote als nicht zielführend.
Reto Savoia, stellvertretender CEO von Deloitte Schweiz und Mitautor der Studie, fordert die Wirtschaft zu mehr Eigenverantwortung auf.
SRF News: Wollen die Verwaltungsräte einen höheren Frauenanteil?
Reto Savoia: Zwei Drittel der Verwaltungsräte sagen, dass sie einen höheren Frauenanteil begrüsse würden. Gleichzeitig sagen aber auch sechs von zehn Verwaltungsräten, dass ein höherer Frauenanteil für sie keine Priorität hat. Es ist ein gewisser Widerspruch. Auf der einen Seite weiss man, dass es wohl Sinn macht, den Frauenanteil zu erhöhen, auf der anderen Seite macht man es zu keiner Priorität.
Dies liegt auch daran, dass momentan andere Elemente der Diversität Priorität haben, wie zum Beispiel Kompetenzen im Bereich Cyber oder der Digitalisierung.
SRF News: Wir können noch weiter gehen. 9 von 10 Verwaltungsräte wollen keine Frauen-Quote. Warum nicht?
Wenn man es positiv sehen will, kann man sagen, dass mehr Vielfalt bei den Verwaltungsräten sehr willkommen ist. Drei Viertel sind der Meinung, die Vielfalt soll erhöht werden. Man ist aber in der Schweiz generell sehr skeptisch gegenüber Quoten. Vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen ist man gegenüber Regulierungen und staatlichem Zwang kritisch eingestellt.
In der Schweiz ist man generell skeptisch gegenüber Quoten.
SRF News: Sie machen Ihre Umfrage halbjährlich. Denken Sie, dass Ihre Umfrage in einem halben Jahr anders aussieht?
Es wäre schön, doch es wäre vermessen zu denken, dass es in einem halben Jahr schon anders aussieht. So etwas braucht immer eine gewisse Vorlaufszeit. Ich hoffe aber, dass wir dazu beitragen können, die Diskussion weiter voranzutreiben.
Denn wenn man schon keine staatliche Quote will, müssen die Unternehmen selber Verantwortung übernehmen. Denn alle Untersuchungen zeigen, dass eine diversifizierte Gruppe Probleme besser lösen kann. Dazu gehört auch die Geschlechter-Diversität.
Alle Untersuchungen zeigen, dass eine diversifizierte Gruppe Probleme besser lösen kann
Ich hoffe sehr, dass wir einen Denkanstoss geben können, damit es zu mehr als Lippenbekenntnissen kommt. Wenn die Wirtschaft darauf wartet, bis der Staat die Infrastruktur bereitstellt, warten wir zu lange. Dann besteht die Gefahr, dass eine Umfrage in zwei Jahren wieder genau gleich aussieht. Es liegt jetzt an der Wirtschaft, den Worten Taten folgen zu lassen.
Das Gespräch führte Dario Pelosi.