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Eine Grossbaustelle in der chinesischen Metropole Shenyang, umhüllt von starkem Nebel
Legende: In China wächst der Zement buchstäblich in den Himmel. Und Holcim-Lafarge will ihn liefern. Reuters

Wirtschaft Holcim-Lafarge: Warum Grösse allein nicht ausreicht

Der globale Zementhunger ist gewaltig und will gestillt werden. Doch die Märkte sind mitunter schwer zugänglich – so etwa das Riesenreich China, dessen Staatsmacht seine Industrie eifersüchtig schützt. Einblicke in eine Branche, in der auch ein Riese stolpern kann.

Holcim und Lafarge: Gemeinsam werden sie rund 10 Prozent des globalen Zement-Markts kontrollieren, in einzelnen Ländern auch deutlich mehr. Aber: Garantiert Grösse allein schon Erfolg? Nein, sagt Martin Hüsler, Leiter des Aktien-Research bei der Zürcher Kantonalbank und Kenner der Zement-Branche: «Es gibt viele kleinere Unternehmen, die eine höhere Rentabilität erwirtschaften, weil sie selektiv in starken Märkten tätig sind.»

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Damit umreisst Hüsler die Strategie, der auch Holcim bis vor einem Jahr gefolgt ist. Denn der Zementmarkt ist kleinräumig organisiert – es ist zu teuer, den schweren Baustoff über weite Strecken zu transportieren. Unterdessen hat Holcim aber einen anderen Weg eingeschlagen. Man fokussiere nicht mehr auf einzelne Wachstumsregionen, so Hüsler, sondern «wird zum globalen Multi – einem ‹Nestlé im Baustoffbereich›».

Grosser Zementhunger – schwierige Märkte

Diese Strategie hat ihren Preis: Der neue Konzern wird nicht mehr so rasch wachsen wie Holcim bisher allein – mit klarem Fokus auf die boomenden Absatzmärkte in Asien und Südamerika. Also auf Märkte, in denen der Zement-Hunger gross ist, weil dort immer neue Strassen, Häuser oder Staudämme gebaut werden.

Lafarge ist auf Afrika ausgerichtet sowie den Nahen und Mittleren Osten – Regionen, in denen das Zement-Geschäft zuletzt gelitten hat. Wegen politischer Unruhen und Kriege. Daran dürfte sich so schnell nichts ändern. Asiatische Länder bleiben hingegen die Wachstumstreiber: etwa Indien, wo Holcim bereits heute stark ist, vor allem aber China. Mehr als die Hälfte des weltweiten Zement-Verbrauchs entfällt auf die Volksrepublik. Allerdings: der chinesische Markt ist nach wie vor sehr abgeschottet.

Doch das ist nicht die einzige Schwierigkeit. In vielen Märkten, wo Holcim-Lafarge tätig seien, gebe es lokale, teils staatliche Konkurrenten: «Wenn der Staat diese Industrie fördern will, können vorübergehend Überkapazitäten entstehen.»

Überkapazitäten gibt es auch, weil die Zement-Industrie in den vergangenen zehn Jahren massiv investiert und ausgebaut hat. Der Wirtschaftsboom in vielen Schwellenländern hat die Hoffnung auf grosse Geschäfte befeuert. Die Finanzkrise hat der Branche aber einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Teure Fusion – mit nachhaltigem Ertrag?

Heute laufen viele Zementwerke auf Sparflamme. Die Überkapazitäten drücken auf die Preise. Holcim und Lafarge verdienen nicht mal ihre Kapitalkosten. Deswegen nun aber Werke zu schliessen, das wäre zu kurzfristig gedacht, findet Hüsler. Ein Werk zu erstellen, koste mindestens 100 Millionen Schweizer Franken. «Wenn sich nach drei, vier Jahren eine starke Abschwächung ergibt, mag dies noch zu wenig Grund sein, das Werk wieder zu schliessen.»

Immerhin, es gibt einen Lichtblick: Die Energie-intensive Zement-Produktion profitiert von den derzeit tiefen Energie-Preisen. Eine willkommene Entlastung, sagt Hüsler: «Es könnte wirklich helfen, die Energiekosten machen rund zehn Prozent des Umsatzes aus bei Holcim und Lafarge.» Blieben die Erdölpreise längerfristig tief, wäre dies kostenmässig sicher ein «gewisser Vorteil» für die beiden Unternehmen.

Zumal die Fusion zunächst viel kostet. Erst mit der Zeit werden sich die Synergien auszahlen. Bis 2017 sollen es rund 950 Millionen Franken sein, indem etwa Doppelspurigkeiten im Management, in der Administration und auch der Produktion ausgemerzt werden.

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