Es ist eigentlich paradox: Der Bau mit Holz boomt. Schweizer Waldbesitzer und Sägereien profitieren jedoch nur beschränkt davon. «70 Prozent des verarbeiteten Holzes stammen aus dem Ausland», sagt Heinz Engler. Engler vertritt die Waldbesitzer in den Ostschweizer Kantonen, im Verband Holzwirtschaft Ostschweiz.
Tiefer Holzpreis hält Waldbesitzer zurück
Die Waldbesitzer tun zurzeit jedoch nicht viel dafür, dass mehr Holz auf den Markt kommt. Vor allem Private, die insgesamt 30 Prozent des Schweizer Waldes besitzen. Für sie ist der aktuelle Holzpreis zu tief. «Seitdem ich hier Förster bin, also seit 25 Jahren, haben private Waldbesitzer noch nie so wenig geholzt wie heute», sagt Förster Roman Gschwend. Er ist zuständig für die Wälder rund um Flawil im Kanton St. Gallen.
«Wenn sie ihre Kosten nicht mehr decken können, und noch Geld drauflegen müssen, lassen sie es lieber sein», sagt Waldbesitzer-Vertreter Heinz Engler. Seit Aufhebung des Euro-Mindestkurses hätten die Schweizer Holzverarbeiter ihre Preise auf einen Schlag um 15 Prozent senken müssen. Grund ist der Importdruck, vor allem aus Deutschland und Österreich. Der Export von Schweizer Holz sei seit dem 15. Januar 2015 massiv eingebrochen sei, sagen Vertreter der Holzindustrie gegenüber «ECO».
Umstrittene Absatzförderung
Heiss debattiert werden zurzeit politische Massnahmen gegen die Misere der Holzverarbeiter. Das Parlament berät über ein revidiertes Waldgesetz. Dies sieht unter anderem vor, dass Waldstrassen auch ausserhalb des Schutzwaldes finanziell unterstützt werden sollen.
Zudem soll beim Bau von öffentlichen Bauten der Absatz von Schweizer Holz gefördert werden. «Das gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Interesse ist gross, dass man dafür unseren Rohstoff nutzt», meint Thomas Lädrach, Sägerei-Besitzer im Berner Simmental und Präsident des Sägerei-Verbands. «Öffentliche Bauten wie Schulhäuser werden mit Steuergeldern finanziert. Bei deren Bau soll das Geld in der Schweiz bleiben, sprich Schweizer Holz verwendet werden», sagt dazu Heinz Engler.
Anders sehen dies Ständerat und Bundesrat. Sie wollen lediglich nachhaltig produziertes Holz fördern. Die Beschränkung auf Schweizer Holz im Gesetz stehe im Widerspruch zum WTO-Recht, weil damit der internationale Wettbewerb beschränkt werde.
0815-Holz lässt sich nicht mehr verkaufen
Leidtragende des Importdrucks sind auch die Sägereien, die Schweizer Holz verarbeiten. Wer auf dem Markt bestehen bleiben will, muss innovative Nischen finden. Das Familienunternehmen Blumer-Lehmann Holzbau in Gossau hat eine solche gefunden. Man habe im letzten Jahr einen Umsatz von 80 Millionen Franken erzielt und sei auf Wachstumskurs.
Das Unternehmen produziert High-End-Holzbauten, vorwiegend aus Schweizer Holz, entworfen von Stararchitekten wie Norman Foster oder Herzog und De Meuron. Beispiele sind das Tamedia-Gebäude in Zürich, das neue Berghaus auf dem Chäserrugg im Toggenburg oder ein Golf-Clubhaus in Südkorea. «Mit 0815-Produkten haben wir keine Chance auf dem ausländischen Markt, dafür sind wir zu teuer. Deshalb haben wir uns auf komplexe Konstruktionen spezialisiert», sagt Geschäftsführerin Katharina Lehmann.
Katharina Lehmann in «ECO»
Seit ein paar Monaten hilft dabei dem Holzbau-Unternehmen eine hochmoderne CNC-Fräsanlage. Diese kann computergesteuert bis zu 27 Meter lange Holzteile präzise herstellen. Entworfen werden die Holzkonstruktionen längst am Computer.
Swissness hat seinen Preis
In einem ganz anderen Segment bewegt sich die Firma Kronospan im Luzernischen Menznau. Es ist die letzte in der Schweiz noch übriggebliebene grössere Industrieholz-Fabrik, mit 450 Mitarbeitern. Das Ziel sei es, 80 Prozent des Holzes aus der Schweiz zu verwenden, sagt Mauro Capozzo, Geschäftsführer von Kronospan. «Swissness ist für uns ein Verkaufsargument, auch wenn es teurer ist als Importholz», sagt Capozzo. Wer am Schweizer Produktionsstandort festhalten will, müsse auch Schweizer Holz verarbeiten.
Möglich ist das bei Kronospan, wie bei den meisten Schweizer Holzverarbeitern, indem nach der Aufhebung der Euro-Mindestgrenze die Preise für Lieferanten gesenkt wurden. Das Unternehmen sagt, die Preise seien inzwischen wieder angehoben worden.
Kronospan stellt Span- und Faserplatten sowie Parkett-Fussböden her, vorwiegend für den Export. Der Schweizer Markt sei viel zu klein für sein Geschäft.
Noch mehr Automatisierung
Kronospan setzt voll auf automatisierte Holzproduktion. In den Produktionshallen ist wenig Personal zu sehen. Das Holz wird von Robotern hinter Gittern hergestellt. «Wir investieren laufend in die neuesten Technologien», sagt Capozzo. Sie steigerten die Effizienz und sparten Manpower. «Wir müssen noch viel mehr automatisieren», sagt der Chef bei einem Rundgang durch die Produktion.
Ein Personalabbau sei jedoch im Moment nicht vorgesehen. Man brauche nach wie vor Personal, um die Maschinen zu programmieren. «Die Gabelstapler, die Sie hier sehen, sollen dereinst durch Selbstfahrende ersetzt werden», sagt Capozzo zu «ECO».