Weniger Risiko und mehr Stabilität. Das war die unmissverständliche Botschaft der Schweizer Währungshüter und des Bundesrates im vergangenen Februar, als sie die Einführung des sogenannten «antizyklischen Kapitalpuffers» für Hypotheken angekündigt haben. Dieses grössere Finanzpolster soll die Banken weniger anfällig auf Kreditausfälle machen. Die Finanzinstitute müssen ihre vergebenen Hypotheken mit mehr Eigenmitteln absichern.
Für Jan Amrit Poser, Chefökonom bei der Basler Bank J. Safra-Sarasin, hat die Nationalbank mit dieser Ankündigung nach mehr Sicherheit bei den Banken das Richtige getan. Die direkten Auswirkungen auf den weiterhin boomenden Immobilienmarkt schätzt er allerdings noch als gering ein:«Die Nachfrage an sich wird nicht gedämpft. Es gibt keine wirkliche Zinserhöhung oder wenn dann nur eine marginale, deshalb hat sie auch noch nicht gewirkt.»
Immobilienpreise steigen weiter
Effektiv wirkt sich der Kapitalpuffer nur im Promille-Bereich auf den Hypothekarzins aus. Zwischen 0,1 und 0,2 Prozentpunkten. Der Markt zeigt: Das ist zu wenig, um die grosse Nachfrage für ein Eigenheim zu bremsen. Die Immobilienpreise steigen weiter. Und die Banken vergeben munter weiter Hypotheken zu rekordtiefen Zinsen.
Poser erwartet deshalb weitere Massnahmen seitens der Nationalbank: «Möglicherweise muss sie hier noch einen weiteren Schritt machen, um einen Einfluss auf die Kreditvergabe zu haben.» Denn auch wenn der Puffer erst geringe Wirkung zeigt: «Je stärker man den Kapitalpuffer anheben würde, desto mehr Effekt hätte er auch.»
Weitere regulatorische Massnahmen möglich
Derzeit beträgt er ein Prozent – die Nationalbank kann einen Kapitalpuffer von bis zu 2,5 Prozent beantragen. Und sie hielt bereits im Jahresbericht fest, dass weitere regulatorische Massnahmen nötig werden könnten. Denn den Währungshütern wächst das Hypothekengeschäft mit rund fünf Prozent in der Schweiz nach wie vor zu schnell.
Auch bei der CS rechnet man damit, dass der Kapitalpuffer noch erhöht werden könnte. Doch Fredy Hasenmaile, der Leiter der Immobilienanalyse bei der Credit Suisse, hebt den Mahnfinger. Man soll nun nichts überstürzen: «Wir sehen erst jetzt erste Anzeichen, dass sich der Markt abkühlt. Das ist ein Zeitpunkt, wo man mit neuen regulatorischen Massnahmen vorsichtig sein muss.»
Verzögerte Reaktionen
Der Markt reagiere erst mit Verzögerung auf Regulationen – begründet Hasenmaile seine Zurückhaltung: «In den Daten wird das erst mit der Zeit sichtbar. Das heisst, wenn man eine zu hohe Kadenz an regulatorischen Massnahmen an den Tag legt, kann es sein, dass man über das Ziel hinausschiesst und den Markt so zum Kippen bringt. Und das wäre unglücklich.»
Tatsächlich steigen die Preise weniger schnell als auch schon. Und bei den ganz teuren Wohnungen sind sie zuletzt sogar leicht gesunken – das zeigt der Immobilienmonitor fürs 3. Quartal der Credit Suisse.
Dafür sei aber weniger der Kapitalpuffer verantwortlich als die schärferen Eigenmittelanforderungen der Banken, wenn sie eine Hypothek vergeben würden, meint CS Immobilien-Experte Hasenmaile: «Auch die Aufsichtsbehörde, die Finma, kontrolliert die Banken mittlerweile enger. Sie hat dazu beigetragen, dass gerade aggressive Institute den Fuss vom Gaspedal genommen hat.»
Den grössten dämpfenden Einfluss auf den Schweizer Immobilienmarkt hätte zweifellos eine allgemeine Anhebung der Zinsen durch die Nationalbank. Doch da ist der Spielraum in der aktuellen Situation stark eingeschränkt. Wahrscheinlicher ist deshalb, dass die Währungshüter den Kapitalpuffer weiter ausbauen werden – und damit zumindest das Risiko für die Banken beim allfälligen Platzen einer Immobilienblase zu verkleinern.