Chinas Wirtschaft ist 2015 so schwach gewachsen wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr. Das ist gewollt, denn die Regierung will ihr Wirtschaftsmodell umbauen: Weniger Export, mehr Konsum im eigenen Land. Dafür nimmt die Regierung auch weniger Wachstum in Kauf.
Die Frage ist nur: Gelingt dieser Umbau? «Die Regierung sagt Ja», so SRF-Wirtschaftsredaktor Iwan Lieberherr in der Sendung «Heute Morgen». «Die Regierung verweist darauf, dass der Dienstleistungssektor im vergangenen Jahr zum ersten Mal mehr als die Hälfte zum gesamten Wachstum beigetragen habe. Andere Zahlen relativieren das Bild: Der private Konsum läuft nicht wie gewollt. Die Umsätze im Detailhandel sind im vergangenen Jahr um über zehn Prozent eingebrochen.»
Chinas Wachstum geht weiter zurück
Chinas Regierung gibt sich also optimistisch. Ganz anders viele Investoren rund um die Welt. «Die Investoren befürchten, dass die Weltwirtschaft ausgebremst wird, wenn das Wachstum in China nachlässt. Die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt war bislang ein Wachstumstreiber», sagt Lieberherr.
Angesichts der wachsenden Schuldenlast, einer Immobilienblase, dem Auf und Ab an den Finanzmärkten und den Überkapazitäten in verschiedenen Wirtschaftssektoren erwarten denn auch viele Experten, dass Chinas Wirtschaft auch 2016 weniger stark wächst. Und auch der Internationale Währungsfonds rechnet damit, dass sich das Wachstum in China in den nächsten zwei Jahren noch mehr abschwächen wird – auf 6 Prozent im Jahr 2017.
Dass Chinas Wirtschaft nicht mehr so stark wächst, das bekommen viele Länder weltweit zu spüren. Deutschland zum Beispiel, das stark vom Export lebt. Im vergangenen Jahr dürften die deutschen Exporte nach China erstmals seit 1997 gesunken sein. Allein die Maschinen- und Anlagenbauer verzeichneten ein Minus von knapp sechs Prozent, sagt der Chefökonom der Nachrichtenagentur Reuters:
Wir erwarten in diesem Jahr aus China keine wesentlichen Wachstumsimpulse für unsere Exporte.
Die schwächeren Wachstumszahlen aus China belasten auch die Schweizer Exporteure – wenn auch nur 8 Prozent der Schweizer Exporte nach China gehen und der starke Franken Branchen wie die Maschinen-, Elektronik- oder die Uhrenindustrie stärker belastet.
Australien leidet besonders
Besonders gross sei die Angst in Australien vor einer schwächelnden chinesischen Wirtschaft, meint SRF-Australien-Korrespondent Urs Wälterlin. «Noch vor drei Jahren hatten Politiker in Australien einen ‹Jahrhundertboom› prognostiziert. Jetzt scheint sich zu rächen, dass über 30 Prozent aller Exporte nach China gehen. 1989 waren es noch 2,5 Prozent!»
Seit Anfang Jahr habe die australische Börse über 100 Milliarden Franken an Wert verloren, sagt Urs Wälterlin:
Die China-Panik frisst sich wie ein Krebsgeschwür in die australische Wirtschaft.
Sogar Rohstoff-Spitzenwerte wie BHP Billiton seien zum Schleuderpreis zu haben. Auch Aktien von Dienstleistern seien betroffen, selbst Banken.
Es gebe daher in Australien einige Experten, die vor einer Rezession warnen. Australien habe nichts, was den Rohstoffboom wirklich ersetzen könnte. Und es könne sich rächen, dass Australien nicht für schlechtere Zeiten vorgesorgt habe, so Wälterlin. Etwa durch Investitionen in Infrastruktur, in Ausbildung, in neue Industrien.