Die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern ist nirgends so gross wie bei Banken und Versicherungen. Selbst dann noch, wenn man erklärbare Unterschiede berücksichtigt – wie etwa, dass weniger Frauen in Toppositionen arbeiten.
Vor fünf Jahren haben Arbeitgeber, Arbeitnehmer und der Bund noch auf Freiwilligkeit gesetzt und den sogenannten Lohngleichheitsdialog ins Leben gerufen. Bis jetzt – kurz vor Auslaufen des Projekts – haben aber nur knapp 50 Firmen mitgemacht und sich in die Lohnbücher schauen lassen.
Unter ihnen sind nur gerade drei kleinere Banken, bei denen die Lohnunterschiede ohnehin schon vergleichsweise gering sind, wie beispielsweise bei der Bank Coop.
Weil die Politik jetzt mit Zwangsmassnahmen droht, will der Arbeitgeberverband der Banken handeln. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – das gelte selbstverständlich auch bei den Banken, sagt der Präsident des Arbeitgeberverbandes Banken, Balz Stückelberger: «Keine Bank macht absichtlich ungleiche Löhne. Keiner will das.»
Löhne werden fälschlicherweise für fair gehalten
Tatsache ist aber, dass Frauen auch bei gleicher Arbeit und gleicher Qualifikation – am Bankschalter oder dahinter – im Schnitt 12 Prozent weniger verdienen als ihre Berufskollegen. Regula Stocker bietet Unternehmen das sogenannte «equal salary»-Zertifikat für Lohngleichheit an. Sie versucht zu erklären: «Die meisten gehen davon aus, dass kein Handlungsbedarf besteht, dass sie faire Löhne zahlen.»
Es sei nicht so, dass man den Unternehmen vorwerfe, dass sie absichtlich Frauen diskriminieren würden. «Aber: Es schleicht sich ein, ohne dass man es will», sagt Stocker. «Und deshalb sollte man genau hinschauen.» Genau hinschauen – das heisst, untersuchen, wo Lohnungleichheit besteht und dann Massnahmen ergreifen.
Löhne schon vor Vorstellungsgespräch festlegen
Wichtig sei zum Beispiel, möglichst genau festzulegen, welcher Lohn für welche Arbeit ausbezahlt werde, sagt Stocker. Denn oft entstünde die Diskriminierung bei den Lohnverhandlungen: «Man weiss, dass Frauen anders in diese Verhandlungen einsteigen als Männer.» Je genauer man sage, «diese Funktion ist uns als Unternehmen so viel wert, egal wer diesen Job ausübt, ob Mann oder Frau», desto kleiner sei die Diskriminierung, die sich einschleichen könne.
Banken sind gegen staatliche Lohninspektoren
Nach einer Zwangsmassnahme wird in der Politik schon laut gerufen – und zwar nach staatlichen Lohngleichheitsinspektoren. «Nur das nicht!» sagt Balz Stückelberger vom Arbeitgeberverband Banken: «Davon halte ich sehr wenig.»
Er könne sich nicht vorstellen, wie staatliche Lohninspektoren ein so komplexes Lohnsystem wie jenes einer Bank analysieren könnten. «Wir möchten solche Ungleichheiten erkennen. Aber wenn wir das machen, machen wir das lieber gerade richtig: Wissenschaftlich seriös.» Dazu gebe es gute Systeme. «Ich bin zuversichtlich, dass das in Zukunft noch einige Banken machen werden.»
Da spielt viel Zweckoptimismus mit. Denn so lange keine Lohninspektoren wirken, ruhen die Hoffnungen für mehr Lohngleichheit allein auf der demografischen Entwicklung: Je stärker die Banken auf weibliche Arbeitskräfte angewiesen sein werden, desto besser werden sie sich um sie kümmern müssen. Das heisst, dass keine Frau auch nur den Eindruck erhalten darf, sie verdiene für die gleiche Arbeit weniger als ihr Kollege.