Stets braun gebrannt, stets piekfein gekleidet, mächtig, selbstsicher: Ernst Tanner ist ein geborener Verkäufer, der gern im Rampenlicht steht. Er stiess 1993 zu Lindt & Sprüngli und beherrschte das Unternehmen mehr als 20 Jahre lang als CEO und Verwaltungsratspräsident. Für dieses Doppelmandat – und für sein fürstliches Millionensalär jedes Jahr – musste er oft harsche Kritik einstecken.
Tanner «nur» noch VR-Präsident
Doch Tanner fühlte sich in seiner Machtfülle bestärkt, denn unter seiner Führung entwickelte sich Lindt & Sprüngli vom angeschlagenen Übernahmekandidaten zum erfolgreichen, international tätigen, hochrentablen Premium-Schokoladekonzern. Grob gesagt hat sich der Umsatz unter Tanner fast vervierfacht, der Gewinn fast verzehnfacht. Auch der Börsenwert ist um ein Vielfaches gestiegen.
Erst im letzten Oktober gab der mittlerweile 70-jährige Tanner den Chefposten ab. Für das operative Geschäft ist nun Dieter Weisskopf verantwortlich, Tanner bleibt aber weiterhin VR-Präsident. Auch Weisskopf ist ein Urgestein bei Lindt & Sprüngli, er ist seit über 20 Jahren mit von der Partie. Im Gegensatz zu Tanner hat er öffentliche Auftritte bisher eher gemieden. Er gilt als diskret, unaufgeregt und zurückhaltend.
Weisskopf präsentiert die Zahlen
Auch Weisskopf kennt den Schokoladenkonzern in- und auswendig. Er war seit 1995 Finanzchef, hat sich aber längst nicht nur um Zahlen gekümmert. Er war auch verantwortlich für die Informatik, den Einkauf und die Produktion. Einarbeitungszeit braucht der neue Konzernchef also keine. Allerdings hat Weisskopf ein entscheidendes Manko – ihm fehlt das Flair fürs Marketing.
Damit ist er das pure Gegenteil seines Vorgängers Ernst Tanner. Diesem liegt das Marketing im Blut. Kaum ein anderer versteht es so gut, Kunden im Laden dazu zu bringen, für Schokolade eine saftige Marge zu bezahlen. Diese Gabe hat entscheidend zum Konzernerfolg von Lindt & Sprüngli beigetragen. Kein Wunder, will Tanner weiterhin selber fürs Marketing zuständig sein.
Die öffentliche Bühne muss Tanner nun aber Weisskopf überlassen: Es ist Sache des Konzernchefs, nicht des Verwaltungsratspräsidenten, die Geschäftszahlen zu präsentieren. Man darf gespannt sein, inwiefern Weisskopf dabei aus dem Schatten von Tanner heraustreten wird.