Der Chemiekonzern Clariant hat letztes Jahr den Gewinn um fast 20 Prozent gesteigert. In diesem Jahr steht ein grosser Umbau bevor: Der neue Grossaktionär Sabic aus Saudi-Arabien krempelt das Basler Chemieunternehmen um.
Beide – Sabic und Clariant – produzieren unter anderem Spezialkunststoffe. Sie sorgen dafür, dass sich ein Smartphone nicht selbst entzündet oder machen als Verpackung Lebensmittel länger haltbar.
Urbanisierung sorgt für Nachfrage
Sabic will diese Bereiche aus den Unternehmen herauslösen und daraus ein eigenständiges Unternehmen machen, wie der Chef von Sabic, Yousef al-Benyan, erklärt: «Unser Ziel ist klar: Sobald wir beide Unternehmensteile zusammengeführt haben, soll daraus einer der weltweit führenden Spezialitätenhersteller werden.»
Die neue Chemie-Firma soll voraussichtlich einen Jahresumsatz von rund drei Milliarden Franken machen. Das entspricht knapp der Hälfte des heutigen Umsatzes von Clariant. Bis im Sommer soll der Zusammenschluss aufgegleist sein.
Yousef al-Benyan ist sehr zuversichtlich, wenn er über die Zukunft des neuen Unternehmens spricht: «Die Megatrends sorgen für eine grosse Nachfrage nach petrochemischen Produkten. Deshalb sind wir optimistisch. Und einer dieser Megatrends ist die Urbanisierung. Immer mehr Menschen ziehen in Städte.»
Entsprechend steige der Bedarf an Kunststoffen, um Lebensmittel zu verpacken, fürs Bauen und für neue Autos.
Der Abfallberg wächst
Diese Entwicklung zeigt sich auch in den Zahlen. Jahr für Jahr wird mehr Plastik hergestellt. 2017 waren es weltweit 348 Millionen Tonnen. Zehn Jahre zuvor knapp 250 Millionen Tonnen. Die Aussichten für die Branche sind also verheissungsvoll. Zumindest auf den ersten Blick.
Gleichzeitig wächst nämlich auch der Abfallberg. Dessen ist sich Yousef al-Benyan bewusst und verweist deshalb auf das jüngste Projekt: Mittels eines chemischen Verfahrens will Sabic aus Plastikabfall neuen Kunststoff herstellen.
Greenpeace hinterfragt Wirkung
Das sei gut und recht, sagt Yves Zenger, der sich bei Greenpeace mit dem Thema Plastikmüll beschäftigt: «Grundsätzlich sind alle Initiativen begrüssenswert, die helfen die Ressourcenverschwendung und den Verpackungsmüll zu reduzieren. Der Teufel liegt aber im Detail.»
Die Anbieter würden davon ausgehen, dass Plastik in jedem Fall recycelt würde. «Das ist ausserhalb der Schweiz und wenigen europäischen Ländern kaum irgendwo Realität», sagt Zenger.
Um Erfolg zu haben müssen alle mitmachen.
Trotz Bedenken, der Sabic-Chef ist überzeugt, dass der Plastikabfall von heute zum Rohstoff der Zukunft wird. Auch wenn es nicht ganz einfach werde, wie Yousef al-Benyan einräumt: «Das Problem ist, dass es zu viele Beteiligte gibt. Um Erfolg zu haben, müssen alle mitmachen.»
Allianz gegen Meeresplastik
Inzwischen gibt es verschiedene Initiativen aus der Branche, die das Problem des Plastikabfalls angehen wollen. Erst Mitte Januar wurde eine neue Allianz aus der Taufe gehoben, um die Plastikverschmutzung in den Meeren zu reduzieren.
Es ist ein Zusammenschluss aus knapp 30 Unternehmen aus dem Detailhandel und der Chemie-Branche – darunter auch Clariant und Sabic. Für Greenpeace sind das lediglich PR-Aktionen.
Klar ist, die Industrie tut gut daran, sich ernsthaft Gedanken über die eigene Zukunft zu machen: Ihre Produkte sind zweifellos praktisch, aber längst nicht mehr überall sind sie auch gern gesehen.