Es war die zweitgrösste Firmenpleite in der Schweizer Wirtschaftsgeschichte, übertroffen nur vom Zusammenbruch der Swissair: Der Konkurs der Erb-Gruppe im Jahr 2003. Knapp zehn Jahre später, im März 2012, wurde Firmenchef Rolf Erb wegen gefälschter Bilanzen und Täuschung der Gläubiger zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
Der Prozess gegen Rolf Erb
23.01.2012: Prozessauftakt in Winterthur
Rolf Erb, damals Geschäftsführer der Erb-Gruppe, steht in Winterthur vor Gericht. 2003 ging das Unternehmen Konkurs und 17 Banken verloren hunderte Millionen Franken.
24.01.2012: Die Anklage am zweiten Prozesstag
Die Staatsanwaltschaft fordert eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren. Sie wirft Rolf Erb gewerbsmässigen Betrug, mehrfache Urkundenfälschung und mehrfache Gläubigerschädigung vor.
27.01.2012: Zeugen belasten Rolf Erb
Im Prozess um die Erb-Pleite zitierte die Staatsanwaltschaft mehrere Zeugen, gemäss denen Rolf Erb bei Gelddingen die Fäden zog.
01.02.2012: Verteidigung plädiert auf Freispruch
Die Verteidigung plädiert auf Freispruch. Nicht Rolf Erb, sondern sein verstorbener Vater Hugo Erb habe die Verantwortung über die Finanzen gehabt.
22.03.2012: Schuldspruch gegen Rolf Erb
Das Bezirksgericht Winterthur hat den ehemaligen Konzernchef zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Er soll für Urkundenfälschung und Gläubigerschädigung bestraft werden. Erb ficht das Urteil an.
15.01.2014: Obergericht verurteilt Erb zu sieben Jahren
Als zweite Instanz verringert das Obergericht das Strafmass um ein Jahr. Der Angeklagte will den Schuldspruch aber beim Bundesgericht anfechten.
30.3.2017: Bundesgericht weist Erb-Beschwerde ab
Das Bundesgericht lehnt die Beschwerde Rolf Erbs gegen den Haftantritt ab. Er hatte sich dagegen gewehrt und akute Selbstmordgefahr geltend gemacht. Das oberste Gericht führte in seinem Entscheid aber aus, wegen allfälliger Suizidgefahr sei kein Strafaufschub möglich.
Berufungsprozess nach Verzögerungen
Erb und auch die Staatsanwaltschaft zogen den Fall ans Obergericht weiter: Während Erb sämtliche Vorwürfe bestreitet, verlangte die Anklage in diesem «krassen Fall von Wirtschaftskriminalität» eine höhere unbedingte Freiheitsstrafe von zehn Jahren.
Am 23. September 2013 begann nach einer Verzögerung aus personellen Gründen der Staatsanwaltschaft der Berufungsprozess vor dem Zürcher Obergericht. Rolf Erb bestritt alle Vorwürfe.
Der Irak-Krieg habe den Autoverkauf zusammenbrechen lassen. Hinzu seien der Tod des Vaters und der Tod des langjährigen Revisors gekommen. Diese Faktoren hätten den Zusammenbruch ausgelöst.
Der Zusammenbruch und die Schadensbegrenzung
«DOK»: Der Zusammenbruch (19.01.2012)
Acht Jahre nach dem Konkurs der Erb-Familie bricht Rolf Erb sein Schweigen. In «DOK» steht er erstmals vor die Kamera und gewährt einen Einblick in eine faszinierende Familiensaga.
05.12.2003: Der Zusammenbruch der Erb-Gruppe
Der Erb-Konzern muss wegen massiver Überschuldung von zwei Milliarden Franken aufgelöst werden. Es wird versucht, die rentablen Bereiche zu veräussern. Arbeitsplätze sind kaum gefährdet, berichtet «Schweiz aktuell».
05.12.2003: Unterwegs mit dem Sanierer Hans Ziegler
Vor dem Zusammenbruch haben die Erben der Erb-Gruppe den Profi-Sanierer Hans Ziegler engagiert. «10vor10» begleitet den Sanierer, der die komplexen Beteiligungen entflechten muss.
08.12.2003: Verwaltungsrat Christian Erb äussert sich
Mit der Nachlassstundung und teilweisem Konkurs der Erb-Gruppe sind die Fragen der Medien so drängend, dass Verwaltungsrat Christian Erb ein Reporterteam von «10vor10» empfängt.
19.12.2003: Strafverfahren der Bezirksanwaltschaft
Die Zürcher Bezirksanwaltschaft hat ihr Vorabklärungsverfahren abgeschlossen. Es bestünden «erhebliche Verdachtsmomente für strafrechtliches Verhalten, insbesondere Bilanzfälschung und Vermögensdelikte».
22.12.2003: Alcopa übernimmt den Auto-Bereich
Aufatmen für einen Teil der Belegschaft des Autohandel-Bereichs der Erb-Gruppe: Der belgische Alcopa-Konzern übernimmt die Erb-Garagen.
09.03.2004: Streit um das Erb-Familienschloss
Der Kampf um das, was nach dem Erb-Konkurs übrigbleibt, ist in vollem Gang. Nun bahnt sich auch ein Streit um das Familien-Schloss Eugensberg im Kanton Thurgau an.
22.10.2004: Kaum mehr Geld für Unifina-Gläubiger
Seit dem Zusammenbruch der Erb-Gruppe Ende 2003 kämpfen die Gläubiger um Ihr Geld. Der Sachwalter Fritz Rothenbühler hat an der Gläubigerversammlung der Unifina schlechte Nachrichten.
18.10.2006: Schadenersatzklage gegen Familie Erb
Nach dem Konkurs der Erb-Gruppe verklagt ein Freund der Familie, der Thurgauer Erwin Feurer, die Konkursverantwortlichen. Die «Rundschau» über eine Schadenersatzklage mit wenig Chancen.
18.01.2012: Schlossherr trotz Milliarden-Schulden
Rolf Erb residiert dank lebenslangem Wohnrecht immer noch auf Schloss Eugensberg im Kanton Thurgau.
Die Erb-Gruppe – Firmenkonglomerat aus 80 Unternehmen
Vor dem Konkurs war die Erb-Gruppe ein weltweiter Konzern mit einem Umsatz von rund 4,5 Milliarden Franken und fast 5000 Beschäftigten.
Angefangen hatte alles im Autohandel, der 1920 in der Garage von Hugo Erbs Vater in Winterthur-Töss begonnen hatte. Die Erb-Gruppe bestand vor dem Zusammenbruch aus vier Holdinggesellschaften:
- Herfina (Autohandel): Der Import der Automarken Mitsubishi, Suzuki, Hyundai und Tata erwirtschaftet 50 Prozent des Umsatzes der Erb-Gruppe.
- Unifina (Kaffeehandel, Finanzdienstleistungen und Immobilien): Die Volcafé-Gruppe erreicht einen Umsatz von rund 1,8 Milliarden Franken und einem Anteil am Weltmarkt von knapp 13,5 Prozent.
- Uniwood (Baunebenbranche, Holzhandel): EgoKiefer als bedeutendster Hersteller von Fenstern und Türen und Bruno Piatti, dem grössten Küchenbauer der Schweiz erwirtschaften mit über 1600 Angestellten einen Umsatz von rund 570 Millionen Franken.
- Uniinvest (Beteiligungsgesellschaft): Faule Beteiligungen an der CBB Holding AG in Deutschland und der EBC Asset Management Ltd. in London.
Eine konsolidierte Bilanz der Gesellschaften wurde nie erstellt. Der Geldfluss zwischen den Holdinggesellschaften verunmöglichte eine genaue Bezifferung der gegenseitigen Verbindlichkeiten. Hauptgrund für die Pleite war der Abschreibungsbedarf von 2,5 Milliarden Franken bei der Beteiligungsgesellschaft Uniinvest.
Nach dem Zusammenbruch forderten Gläubiger insgesamt 6,5 Milliarden Franken. Darin sind auch die Forderungen enthalten, die sich die Holdings gegenseitig schulden.