Rund 500 Personen arbeiten im Auftrag der Regierung für das das Singapore Economic Development Board (EDB). Von seinem Büro im 24. Stockwerk blickt Geschäftsführer Keat Chuan Yeoh über ganz Singapur. Dabei wird ein grundsätzliches Problem sichtbar: Singapur hat keinen Platz mehr. Auf gut 700 Quadratkilometern leben 5,5 Millionen Menschen. In die Breite kann der Stadtstaat nicht mehr wachsen.
«In Singapur ermutigen wir die Leute, nach oben und nach unten zu schauen», so EDB-Geschäftsführer Yeoh. Die meisten bauen in die Höhe, doch es gibt auch andere Beispiele: «Um unsere Chemieindustrie zu unterstützen, haben wir 150 Meter unter dem Meeresspiegel eine Felsenhöhle gebaut.» Laut Yeoh ist es die weltweit erste solche Höhle für flüssige Kohlenwasserstoffe. «Die Regierung hat dafür 1 Milliarde Dollar investiert. Es hat Platz für 8 Millionen Barrel Öl.»
Alle zehn Jahre ein Masterplan
Obwohl Singapur selber keine Rohstoffe besitzt, hat sich der Inselstaat zu einem Chemie- und Raffinerie-Standort entwickelt. Hinter solchen Entwicklungen steht immer ein Masterplan: Im Schnitt alle zehn Jahre definiert das EDB einen Wirtschaftssektor, der gefördert werden soll. Dann wird immer nach demselben Muster vorgegangen: Experten aus der ganzen Welt werden eingeflogen, Tagungen organisiert, Konzerne angelockt. Dafür investiert die Regierung Milliarden.
Anfang 2000 wurde beispielsweise der Entscheid gefällt, aus Singapur einen Forschungsstandort zu machen. Auch dieser Plan wurde konsequent umgesetzt, mehrere Gebäudekomplexe wurden hochgezogen. Mittlerweile betreiben fast alle grossen internationalen Pharmaunternehmen Forschungsinstitute in Singapur.
Um genügend Fachpersonal war ebenfalls das EDB besorgt: Um junge Leute von einem Wissenschaftsstudium zu überzeugen, wurden grosszügige Stipendien vergeben: «Jedes davon mit einem Wert von einer Million Dollar», so Keat Chuan Yeoh. «Wir unterstützten die Studenten über zehn Jahre, von Anfang an bis zu ihrem Doktortitel. Insgesamt haben wir so eine Milliarde Dollar investiert und und 1000 Doktoranden im Forschungsbereich ausgebildet.»
Bald jeder zwanzigste Millionär
Ein Vorteil von Singapur ist seine Lage an der Strasse von Malakka, der wichtigsten Seehandelsroute. So entwickelte sich auch der Hafen zu einem der grössten der Welt. Früher war der Hafen bekannt als Umschlagplatz für Drogen und Prostituierte, Singapur selber war ein Piratennest. Doch das ist längst Vergangenheit, und in Singapur schaut man aus Prinzip nur nach vorne.
Es bleibt aber offen, wie lange Singapur noch so weitermachen kann. Denn auch der Stadtstaat kämpft mit Problemen: Seit 50 Jahren ist die gleiche Partei an der Macht, erste Stimmen bemängeln die fehlende Demokratie.
Und der Abstand zwischen Arm und Reich wächst: Jeder zehnte verdient weniger als 1000 US-Dollar, auf der anderen Seite ist jeder fünfunddreissigste Millionär, in zwei Jahren könnte es bereits jeder zwanzigste sein. Neben der wirtschaftlichen Entwicklung wird sich Singapur in Zukunft auch mit gesellschaftlichen Spannungen auseinandersetzen müssen.