- Investitionen in Wasserkraft rentieren sich nicht, da die Produktionskosten teurer sind als die Marktpreise. Mittelfristig ist die Versorgungssicherheit gefährdet.
- Die Axpo will diese erhöhen, indem sie ausländischen Strom künstlich verteuert.
- Die BKW dagegen setzt auf ein Auktionsverfahren.
- Die CEO beider Konzerne halten das jeweils andere Modell für ungeeignet.
So ist es zum Einbruch gekommen. Lagen die Marktpreise für Strom 2008 bei fast 14 Rappen pro Kilowattstunde, sind es heute kaum mehr als 3 Rappen. Gründe sind: Der Preiszerfall der Kohle, ausgelöst durch das Fracking in den USA und die Ölschwemme. Hinzu kamen die sinkende Nachfrage in Folge der Finanzkrise und die Aufhebung des Franken-Mindestkurses. Schliesslich haben auch die deutschen Subventionen von Sonne- und Windkraft die Preise gedrückt – doch der Einfluss ist weit weniger bedeutend als gemeinhin behauptet.
So ist die Lage der grossen Produzenten. Nach dem Ja zur Energiestrategie ist der Ausstieg aus der Kernenergie besiegelt. Der Fokus liegt nun also auf der Wasserkraft, die schon heute 60 Prozent der Versorgung ausmacht. Die Produktion von Strom aus Wasserkraft kostet laut Stromproduzenten etwa 6 Rappen pro Kilowattstunde. Auf dem freien Markt ist damit kein Geld zu verdienen. Allerdings: Wer gebundene Kunden hat, Privathaushalte und KMU, die sich ihren Anbieter nicht aussuchen dürfen, der kann Strom zu höheren Preisen verkaufen und nach wie vor Gewinne erzielen. Von den drei grossen Anbietern verfügt die BKW über Endkunden, während Axpo und Alpiq auf dem freien Markt anbieten müssen. Daher kommt Axpo-Chef Andrew Walo zu einem grundsätzlich anderen Strommarktmodell als BKW-CEO Suzanne Thoma.
Das Modell Axpo. Der Verband Swisselectric und federführend die Axpo wollen das Problem mit einer sogenannten CO2-Abgabe lösen. Die Kunden sollen neu eine CO2-Steuer zahlen. Allerdings können sie sich, wenn sie nachweisen, dass ihr Strom aus erneuerbarer Schweizer Quelle kommt, von der Abgabe befreien lassen. Das Modell kommt als umweltfreundliches Modell daher, ist de facto aber eine Importsteuer. Denn importierter Strom besteht aus einem Mix aus erneuerbarem und fossilem generiertem Strom. Schweizer Strom dagegen wird mit Ausnahme des Stroms aus Kehrrichtverbrennungsanlagen bereits CO2-frei produziert. Die Mehreinnahmen von geschätzten 500 Mio. Franken sollen zur Reinvestition in die Wasserkraft führen. Suzanne Thoma sieht in dem Ansatz einen Versuch, Subventionen zu ergattern:
Es geht weder um die Versorgungssicherheit, noch im Kern um die Unterstützung der Wasserkraft. Darum ist es schon ein Etikettenschwindel.
Das Modell BKW. Die BKW wollen die Versorgungsicherheit im Winter sicherstellen. Daher braucht es laut BKW einen sogenannten Kapazitätsmarkt, der es Kraftwerken erlaubt, nur 2 oder 3 Monate im Jahr zu laufen und dennoch Gewinne zu erwirtschaften. Dafür werden Stromkapazitäten in einem Auktionsverfahren 4 Jahre im Voraus versteigert. Mitbieten können bestehende Kraftwerksbetreiber, aber auch Unternehmen mit neuen Projekten. Dadurch besteht ein Anreiz, in neue Kraftwerke zu investieren. Allerdings würde davon nicht nur die Wasserkraft profitieren. Besonders der Bau von CO2 ausstossenden Gaskraftwerken würde damit interessant werden. Die Kosten für das Modell können auf etwa 300 Millionen Franken geschätzt werden. Andrew Walo von der Axpo hält das Modell für eine Kopfgeburt mit viel grossem administrativem Aufwand:
Ich finde es einen interessanten Ansatz theoretischer Natur. Aber den Praxistest besteht es nicht.
Das unterscheidet die Modelle. Axpo und Alpiq haben in den letzten Jahren Milliardendefizite eingefahren. Beide Unternehmen müssen ihre Bilanzen bereinigen, um nicht ernsthaft in Schwierigkeiten zu geraten. Das CO2-Modell würde rasch Geld generieren. Einen Mechanismus zur Reinvestition in Wasserkraft gäbe es nicht. Die BKW dagegen schreibt schwarze Zahlen und sucht nach einem Modell, das langfristig eine wirtschaftliche Basis für die Stromproduktion in der Schweiz bietet.
So geht es weiter. Mit der Annahme der Energiestrategie 2050 rückt die Frage der Versorgungssicherheit ins Zentrum. In den letzten Wochen haben sich Axpo und BKW einen harten Schlagabtausch in den Medien geliefert. Jetzt wird sich Bundesbern mit dem Thema befassen. Die zweite Runde ist eingeläutet.