Für die Finanzwelt ist es eine der weitreichendsten Entscheidungen der vergangenen Jahre: Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) erhöht ihre Leitzinsen nach fast einem Jahrzehnt der Nullzinspolitik. Es ist zwar nur ein erster vorsichtiger Schritt: Die kurzfristigen Zinsen steigen um 0,25 Prozentpunkte auf ein Niveau zwischen 0,25 und 0,5 Prozent. Doch das Kapitel «Rezession» ist damit geldpolitisch abgeschlossen.
Die Fed hatte die Zinsen 2008 auf dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise auf nahe Null gesenkt und seitdem nicht mehr erhöht. An der Medienkonferenz sagte Fed-Präsidentin Janet Yellen, dass weitere Zinserhöhungen voraussichtlich schrittweise erfolgen würden.
Billiges Geld kurbelte die Wirtschaft an
Die Zentralbank trug mit dem vielen billigen Geld dazu bei, dass die Wirtschaft wieder in Schwung kam und nun rund läuft. Fed-Chefin Yellen hatte die Finanzmärkte zuletzt schon auf die Anhebung eingestimmt und signalisiert, dass sie die Zügel weiter behutsam anziehen wolle.
Zuletzt hatten sich mit Arbeitsmarkt und Inflation die wichtigsten Indikatoren so entwickelt, dass ein Zinsanhebung wahrscheinlicher wurde. Die Arbeitslosenquote in den USA war von über zehn Prozent inmitten der Finanzkrise auf zuletzt fünf Prozent gesunken, im November kamen über 200'000 neue Stellen hinzu.
Für SRF-Wirtschaftsexperte Reto Lipp ist der Zeitpunkt für eine Zinserhöhung deshalb gut gewählt: «Es ist der richtige Moment, um aus dem Krisenmodus auszusteigen, denn die Tiefzinspolitik hat auch negative Folgen: Es gibt Blasen an den Aktien- und Immobilienmärkten. Zudem bekommen die Sparer fast kein Geld mehr für ihre Anlage.» Das sagte Lipp in der Sendung «10vor10».
Schlechte Nachricht für Schwellenländer
Die Zinspolitik der USA hat weitreichende Bedeutung, da sie den Kurs des Dollars beeinflusst. In der US-Währung werden viele internationale Geschäfte abgewickelt und viele Finanzanlagen werden in Dollar gehalten.
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Gerade Schwellenländern, die sich stark in Dollar verschuldet haben, könnte der Schritt deshalb Probleme bereiten, sagte Lipp: Sie müssen auf einen Schlag höhere Zinsen zahlen. Das gelte etwa für Brasilien oder für die Türkei.
Freuen dürfte sich dagegen der Präsident der Schweizerischen Nationalbank, Thomas Jordan. «Ihm wird ein schwerer Stein vom Herzen gefallen sein», meint Lipp. Denn mit der Zinserhöhung fliesse mehr Anlagegeld Richtung USA. «Damit wird der Druck auf den Schweizer Franken etwas abnehmen.» Zudem sei die Schweiz in Bezug auf den Dollar-Raum wettbewerbsfähiger geworden. Und dorthin gingen immerhin 25 Prozent aller Schweizer Exporte, erklärte Lipp.
Nicht ohne Risiko
Obwohl die Zinserhöhung lange erwartet worden war – risikolos ist der Schritt auch für die USA nicht. Kommt die zweite Erhöhung zu zögerlich und zu spät, verpufft möglicherweise die Wirkung. Schreitet sie mit weiteren Anhebungen zu forsch voran, könnte sie das Wachstum in den USA abwürgen und den Dollar so stark und damit für Ausländer so teuer machen, dass sich weniger Kunden Waren aus den USA leisten können. Die Exporte würden damit einbrechen. Experten wie der Washingtoner Ökonom Gerald O'Driscoll bezeichnen die Zinswende deshalb auch als «Experiment».