Seit Monaten heben Griechen massenhaft Geld von ihren Konten ab. Allein dieses Jahr waren es fast 30 Milliarden Euro. Der Trend scheint sich mit den scheiternden Verhandlungen aber noch zu intensivieren. Gestern wurden laut des griechischen Rundfunks, rund eine Milliarde Euro an privaten Geldern von Sparkonten abgezogen. Den griechischen Banken geht langsam das Geld aus - ihr Sicherheitspolster wird noch auf drei Milliarden Euro geschätzt.
Kommen jetzt als letztes Mittel die gefürchteten Kapitalverkehrskontrollen? Experten meinen, dass dieser Schritt immer unverzichtbarer wird, aber die griechische Regierung dementierte solche Gerüchte noch heute Morgen vehement: «Es wird auf keinen Fall Kapitalkontrollen geben. Die Geldeinlagen sind gesichert und das Bankensystem ist stark», so Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis.
Geldautomat gibt nur noch 100 Euro pro Tag
Kapitalverkehrskontrollen sind ein geldpolitisches Instrument, welches die Freiheit des internationalen Kapitalverkehrs einschränkt. Die Kontrollen können verschiedene Gestalten annehmen:
- Steuern auf Kapitalimporte bzw. -exporte
- Mengenrestriktionen
- Genehmigungs- oder Meldepflichten für Kapitaltransfers ins Ausland.
Die Athener Tageszeitung «Kathimerini» berichtete, dass vor allem die letzten beiden Formen der Kapitalverkehrskontrolle in Griechenland Anwendung finden dürften. In ihrem Szenario würde bei einem Scheitern der Gespräche mit den europäischen Geldgebern, den griechischen Banken schon innert Stunden das Geld ausgehen.
Die griechische Regierung müsste in diesem Fall umgehend die EU informieren, welche Kapitalkontrollen genehmigen könnte. Innerhalb weniger Stunden würden sämtliche elektronischen Geldüberweisungen gestoppt und Geldautomaten könnten nur noch einen Höchstbetrag von 100 Euro auszahlen.
Auch Unternehmen schwer betroffen
Ähnliche Restriktionen wurden vor zwei Jahren in Zypern durchgesetzt. Da war der Höchstbetrag an den Geldautomaten auf 190 Euro pro Konto und Tag festgelegt worden und Auslandsreisende durften nicht mehr als 1000 Euro mit sich führen. Zusätzlich durften ohne Spezialbewilligungen keine Beträge über 5000 Euro ins Ausland verschoben werden.
Thomas Flury, Devisenspezialist bei der UBS, meint, dass Griechenland ein ähnlicher Massnahmenkatalog drohe. Dieser könne aber noch restriktiver sein, denn im Vergleich mit Zypern sei der griechische Schuldenstreit «viel komplexer». Nebst den grossen Einschränkungen für Privatpersonen, sieht Flury aber auch ein grosses Problem für Unternehmen: Angelehnt an das zypriotische Beispiel, dürften diese nämlich auch keine Ausgaben im Ausland tätigen, die 5000 Euro überstiegen.
Für die griechische Wirtschaft könnte das fatal sein, denn der Import von Maschinen, Ersatzteilen oder anderen Notwendigkeiten, würde durch die Kapitalverkehrskontrollen stark eingeschränkt.