Das diesjährige WEF steht im Zeichen der sich anbahnenden vierten industriellen Revolution – auch bekannt unter dem Schlagwort Industrie 4.0. Dabei geht es um die Automatisierung und Vernetzung von Produktionsprozessen, die auch für die Integration der Kunden in die Geschäftstätigkeit sorgen sollen.
Dieser tiefgreifende Wandel in der Produktion von Waren und Dienstleistungen betrifft auch die Schweiz. Aus diesem Grund haben die Branchenorganisationen Asut, Electro Suisse, Swissmem und SwissT.net die Initiative «Industrie 2025» gegründet. Sie will ihre Mitglieder fit machen für den Wandel, der bereits unterwegs ist.
Es wird schon viel gemacht
Doch wie weit haben sich die Schweizer Unternehmen schon der Industrie 4.0 angenähert? Robert Rudolph, Mitinitiator von «Industrie 2025», ist überrascht wie viel hierzulande bereits getan werde. Er stellt fest, dass sich die Firmen nicht immer am Konzept von Industrie 4.0 orientieren.
«Die Unternehmen stehen unter Effizienzzwang und sind sowieso ständig auf der Suche nach besseren Produktionslösungen», sagt Rudolph. Viele hätten als logische Weiterentwicklung ihrer Geschäftstätigkeit in die Digitalisierung investiert.
Unternehmer müssen proaktiv handeln
Oliver Müller, Direktor des KMU-Verbandes Swissmechanic, sieht im Thema mehr Chancen als Gefahren. «Alles, was uns einen Wettbewerbsvorteil verschaffen kann und das Preisargument in den Hintergrund rückt, ist positiv anzusehen.» Mit dem starken Franken sei es für hiesige Unternehmen zunehmend schwieriger, gewinnbringend zu wirtschaften.
Gemäss Müller müssen die Unternehmer aber proaktiv werden und sich vor allem mit zwei Fragen auseinandersetzen:
- Wie kann ich die neuen Technologien nutzen um einen Wettbewerbsvorteil zu erhalten, die Produktivität zu steigern und die Kundenzufriedenheit zu erhöhen?
- Was muss ich tun, um weiterhin kompatibel mit meinem Umfeld und den Kunden zu sein?
Man könne zwar zur Einsicht kommen, dass ein Produkt nur von Hand herzustellen sei, sagt Müller. Trotzdem müsse man aber aktuelle Kommunikationswege und Kundenwünsche berücksichtigen, um nicht auf dem Abstellgleis zu landen. Für ihn ist es wichtig, dass Unternehmen die Frage nach der Digitalisierung nicht nur firmenintern überprüfen, sondern auch die Aussenwelt berücksichtigen.
Keine Nachteile für KMU
Dass KMU in der vierten industriellen Revolution gegenüber Grossunternehmen benachteiligt seien, glaubt der Chef des KMU-Verbandes nicht. Grosse Konzerne hätten zwar mehr Ressourcen zur Verfügung, aber sie seien auch träger als kleine Unternehmen. «Wenn ein KMU heute eine Veränderung beschliesst, kann es sie morgen schon umsetzen.»
Henrique Schmid, Ressortleiter Wirtschaftspolitik beim Schweizer Gewerbeverband, gibt zu bedenken, dass nun keine radikalen Neuerungen nötig seien. Die Digitalisierung müsse Schritt für Schritt – zum Beispiel durch die Vernetzung der bestehenden Anlagen – umgesetzt werden und sei so auch für KMU bewältigbar.
Die Schweiz ist gewappnet
Robert Rudolph sieht in der Industrie 4.0 eine grosse Herausforderung für den Werkplatz Schweiz, die auch einige Opfer fordern werde. Für ihn ist die Schweizer Wirtschaft aber gut gerüstet für den Wandel. Dazu nennt er vier Gründe:
- Die Schweiz ist ein erfolgreiches Exportland und international gut vernetzt.
- In der Vergangenheit haben Schweizer Firmen immer schnell auf Veränderungen wie die Finanzkrise oder den starken Franken reagiert. Sie kennen den permanenten Wandel
- Die Schweiz hat sehr gut ausgebildete Arbeitskräfte, die den Wandel mitgestalten und tragen können.
- Hochschulen sind in Lehre und Forschung gut aufgestellt und Treiber der Innovation.
Für Rudolph ist aber klar: «Die Zeit drängt. Wer sich nicht mit dem Thema auseinandersetzt, wird irgendwann abgehängt.»