Das Wichtigste in Kürze:
- Vor den Medien in Bern hat Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann aufgezeigt, wie die Schweiz mit der fortschreitenden Digitalisierung Schritt halten will.
- Grundsätzlich sei die Schweiz gut aufgestellt für den Übergang von einer Industrie- in eine Dienstleistungsgesellschaft.
- Die Regierung plädiert dafür, den neuen Dienstleistungen und Technologien möglichst grossen Freiraum zu gewähren.
- Statt herkömmliche Geschäftsmodelle zu schützen, setzt er auf Deregulierung. So könne das Potenzial der Digitalisierung am besten genutzt werden.
Die Digitalisierung ist in aller Munde – und mit reichlich Anglizismen angereichert: Sharing Economy und Financial Technology sind nur zwei Begriffe, die noch vor Jahren für Stirnrunzeln sorgten.
Mittlerweile stossen sie auf reges Interesse: Via App rufen Städter ein Uber-Taxi herbei; immer mehr Menschen buchen ihre Badeferien via Booking.com statt über das Reisebüro; und wer sich den «Umweg» über die Bank sparen will, bezahlt mit der digitalen Währung «Bitcoin».
Die Angst vor der «Uberisierung»
Das alles sorgt bei der «Offline-Konkurrenz» für Unmut. Doch die neuen Geschäftsmodelle entwickeln sich in rasantem Tempo weiter: Cloud Computing, Big Data und das Internet der Dinge befeuern sie weiter.
«Gerade ein ressourcenarmes Land wie die Schweiz muss diese Potenziale bestmöglich nutzen», ist der Bundesrat überzeugt. Wie er die Schweizer Volkswirtschaft dafür fit trimmen will, zeigte er nun in einem 173 Seiten starken «Bericht über die zentralen Rahmenbedingungen zur digitalen Wirtschaft» auf.
Trotz der Absicht, den Arbeitsmarkt offen zu halten, stehen Dienstleister und ihre Online-Plattformen auch als Arbeitgeber in der Pflicht. Für Wirtschaftsminister Schneider-Amman ist klar, dass das Bereitstellen von Dienstleistungen koste und bezahlt werden müsse.
Das betrifft auch die Frage, ob die Erbringer von Dienstleistungen Angestelle oder Selbständigerwerbende sind. Das hat etwa auch Auswirkungen für die Sozialversicherungen. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass man die einen zur Kasse bittet und die anderen gar nicht.»
Die Quintessenz des Berichts: Die globalen Entwicklungen der Digitalisierung führen auch hierzulande zu einem tiefgreifenden Strukturwandel. So entwickelt sich die Schweiz, wie der Bundesrat schreibt, von einer «Industrie- zu einer Dienstleistungsgesellschaft». Der Arbeitsmarkt habe diesen Wandel erfolgreich bewältigt: Demnach seien in den letzten 25 Jahren 800‘000 neue Stellen geschaffen worden.
Johann Schneider-Ammann
Die Chancen der Digitalisierung: Die Ängste, die Digitalisierung werde zum «Jobkiller», teilt der Bundesrat nicht. Statt mit einem Rückgang der Beschäftigung sei mit einer Verlagerung zu rechnen: «Stellen fallen weg und in anderen Bereichen entstehen neue Beschäftigungsfelder», so der Bericht. Um die (künftigen) Arbeitnehmer dafür zu wappnen, müsse sich das Bildungssystem flexibel den benötigten Qualifikationen anpassen: «Auch aufgrund der arbeitsmarktnahen Berufsbildung ist die Schweiz dafür insgesamt gut aufgestellt».
Die Risiken der Digitalisierung: Vor allem über Internetplattformen entstehen laufend neue Geschäftsmodelle und damit auch neue Beschäftigungsformen. «Sie bieten Chancen, aber auch Risiken», findet der Bundesrat. Bezüglich Transportdienstleistungen wie Uber verweist er auf die laufende Überprüfung, die das Parlament angestossen hat. Taxis sollen gleich lange Spiesse erhalten, indem beispielsweise arbeits- oder transportrechtliche Vorschriften aufgehoben werden. Bezüglich Airbnb will der Bundesrat prüfen, ob die Modalitäten für die Zustimmung des Vermieters angepasst werden müssen, wenn Mieter ihre Wohnung regelmässig untervermieten.
Der Fahrplan für die Zukunft: Generell plädiert die Regierung für «möglichst grossen Freiraum» für die neuen Dienstleistungen und digitalen Produkte. Etwa hat er sich bereits im Herbst letzten Jahres für Erleichterungen für Anbieter innovativer Finanztechnologien ausgesprochen. Der Grundsatzgedanke: Statt herkömmliche Geschäftsmodelle zu schützen, setzt der Bundesrat auf Deregulierung. So könne das Potenzial der Digitalisierung am besten genutzt werden – und Privatinitiative der nötige Freiraum gegeben werden.