Wirtschaft
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Späte Sühne – Dieter Behring ist schuldig
5 Jahre und 6 Monate Gefängnis. Dies das Verdikt des Bundesstrafgerichts in einem der wohl markantesten Wirtschaftsprozesse der vergangenen Jahre. Die Richter kamen zum Schluss, der Financier Dieter Behring habe seine Kunden gewerbsmässig betrogen. Die Verteidigung sieht das anders.
Nach 12 Jahren Prozessvorbereitungen und 5 Wochen Verhandlung sind die Richter des Bundesstrafgerichts im Fall des Crash-Financiers Dieter Behring den Ausführungen der Staatsanwaltschaft gefolgt: Behring muss für 5 Jahre und 6 Monate ins Gefängnis. 15 Monate weniger, als vom Kläger gefordert.
Die Richter halten es für erwiesen, dass Behring mit seinem von ihm entwickelten Finanzierungssystem bis ins Jahr 2004 insgesamt 2000 Anleger geprellt hat.
Schadenssumme 800 Millionen Franken. Behring investierte die Gelder mittels seines vollautomatischen Trading-Systems und sicherte den Anlegern exorbitante Renditen ohne Risiko zu.
Verteidiger erwägt Weiterzug
Anders sieht das die Verteidigung: Sie erwägt einen Weiterzug des Urteils ans Bundesgericht. Es sei ein Urteil «im Zweifel gegen den Angeklagten», sagte Behrings Anwalt Daniel Walder im Anschluss an die Urteilsverkündung.
Ihn sekundierte auch Pflichtverteidiger Roger Lerf: Niemand habe bis heute schlüssig nachweisen können, wohin die möglichen Zahlungen geflossen seien und warum die Verfahren gegen die Mitbeschuldigten eingestellt worden seien.
Geschäftspartner davongekommen
Wiederkehrende Themen während des Prozesses waren die lange Verfahrensdauer von unterdessen zwölf Jahren und die sogenannte «Fokussierung» der auf Dieter Behring. Denn gegen Behrings Geschäftspartner ist das Verfahren wegen Betrugs eingestellt worden. Allerdings ermittelt die Bundesanwaltschaft noch in abgetrennten Verfahren wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung.
Noch ist das Urteil des Bundesstrafgerichts nicht rechtskräftig – Behring könnte den Entscheid noch vor dem Bundesgericht anfechten.
Eine Einschätzung des Strafmasses von SRF-Reporterin und Juristin Viviane Manz
Eine Einschätzung des Strafmasses von SRF-Reporterin und Juristin Viviane Manz
SRF-Reporterin und Juristin Viviane Manz interpretiert den Rechtsspruch
als eine Überschneidung strafverschärfender und -mildernder Aspekte. «Das Gericht hat ja gesagt, dass das Verschulden von Dieter Behring schwer wiege. Er habe egoistisch gehandelt und keine Reue gezeigt. Dazu kommt: Es wurden ja sehr viele Leute geschädigt. Einige waren vermögend, einige sind nach den Investitionen in Behring aber verarmt. Sie haben ihre Altersvorsorge verloren. Behrings Vorgehen hatte also dramatische Folgen für gewisse Leute.»
Auf der anderen Seite hätte es auch mildernde Umstände gegeben. «Zwölf Jahre hat das Verfahren gedauert. Das ist kurz vor der Verjährungsgrenze von 15 Jahren. Zu dieser langen Dauer hat Behring zwar beigetragen – mit Beschwerden und Verteidigerwechseln. Ein grosser Teil davon geht gemäss Bundesstrafgericht aber auf das Konto der Bundesanwaltschaft. Das hat sich strafmildernd ausgewirkt, so dass es zu diesen 5 Jahren und 6 Monaten gekommen ist.»
Insgesamt sei der Fall Behring, so Manz, ein regelrechter Stresstest für das Schweizer Justizsystem gewesen, das eigentlich nicht auf derart komplexe Wirtschaftsstraffälle ausgerichtet sei. «Entscheidend ist», so Manz, «dass sich die Strafverfolgung früh auf die Hauptvorwürfe konzentriert, diese mit Beweisen belegt und rasch zur Anklage bringt. Das ist im Fall Behring viel zu spät geschehen. Erst als das Verfahren schon sieben Jahre dauerte, ist Bundesanwalt Lauber ins Amt gekommen und hat den verfahrensleitenden Staatsanwalt Kauer eingesetzt. Sie haben dann entschieden, auf Behring als den Hauptverantwortlichen zu fokussieren.» So habe das Schweizer Justizsystem den Stresstest knapp bestanden, es habe aber auch Schwächen aufgezeigt.
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