In der Nacht auf Freitag ist es so weit: Der erste Reaktor des Atomkraftwerks Fessenheim im Elsass geht vom Netz. Im Juni soll schliesslich die ganze Anlage stillgelegt werden. Für den Basler Alt-Nationalrat Ruedi Rechsteiner (61) ist das ein Grund zum Feiern. Im Wochengast-Interview sagt er: «Die Freude ist gross, es ist ein historischer Moment.»
Erstmals werde in Frankreich ein kommerzieller Reaktor geschlossen. Das sei historisch. «Fessenheim ist vielleicht die gefährlichste Anlage in Europa. Deshalb ist es ein unglaublicher Schritt, dass wir es geschafft haben, dass sie nun schliesst.» Ohne Druck von aussen, so Rechsteiner, hätten die Franzosen das AKW Fessenheim wohl noch 20 Jahre weiterbetrieben. «Dass es nun aber abgestellt wird, ist gut für die Region, weil alle Menschen hier dadurch sicherer werden.»
Zahlreiche Prozesse gegen die Kraftwerk-Betreiber
Mit Druck von aussen meint Ruedi Rechsteiner nicht zuletzt den Trinationalen Atomschutzverband TRAS, den er 2005 mitgründete. In diesem Verband waren Einzelpersonen, Verbände und zahlreiche Gemeinden aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich zusammengeschlossen. Er führte in den vergangenen Jahren zahlreiche Prozesse gegen die Betreiber von Fessenheim. Das Atomkraftwerk sei nicht sicher, argumentierte der TRAS.
Vor Gericht hatte der Verband keinen Erfolg. Trotzdem hätten die Prozesse zur Schliessung von Fessenheim beigetragen, ist Rechsteiner überzeugt. Man habe erreicht, dass die Aufsichtsbehörden den Kraftwerk-Betreibern strenge Auflagen machten. «Letztere hätten sehr viel investieren müssen, um das Atomkraftwerk weiterzubetreiben.» Gleichzeitig habe der französische Staat eine Entschädigung von 400 Millionen Euro für die Schliessung geboten. «Dadurch wurde es für die Betreiber attraktiv, die Anlage zu schliessen.»
Kein Mitleid mit AKW-Angestellten
Im Elsass sind viele Leute jedoch unglücklich darüber, dass das AKW Fessenheim vom Netz muss. Die Gewerkschaften kämpften jahrelang für den Erhalt der Arbeitsplätze. Tun einem Sozialdemokraten wie Ruedi Rechsteiner die Angestellten denn nicht leid? «Nein», sagt er entschieden, «denn sie haben gute Möglichkeiten weiterzuarbeiten. Die Anlage beschäftigt noch jahrelang sehr viele Leute für die Stilllegung.» Zudem schaffe der Ersatz der alten Atomkraftwerke in Frankreich viele neue Arbeitsplätze. «Dazu gehören Windfarmen im Atlantik und in der Nordsee.»