SRF: Seit ein paar Tagen kommen die Medienmitteilungen der Stadtpolizei Zürich ohne Herkunftsangabe des Täters, der Täterin daher. Die Nationalität wird nur noch auf Nachfrage bekanntgegeben. Wie viel Mehrarbeit hat das der Medienstelle beschert?
Richard Wolff: Kaum. Es waren ein paar wenige Telefone. Natürlich gab es aber auch keine grossen Fälle in dieser kurzen Zeit. Für eine Bilanz ist es also sicher zu früh. Ich selber habe die Folgen mehr gespürt. Ich habe sehr viele, überraschenderweise vor allem positive Reaktionen erhalten. Die erste kam von einer Stadtpolizistin.
Hätten Sie erwartet, dass dieser Entscheid derart viele Reaktionen auslösen würde?
Jein. Klar ist die ganze Frage um Ausländer in der Schweiz seit Jahrzehnten ein grosses und umstrittenes Thema. Andererseits gehen wir mit dieser Praxisänderung ja eigentlich nur einen Schritt zurück. Wir machen es jetzt wieder so, wie wir es vor 20 Jahren auch gemacht haben. Oder wie es andere Länder auch praktizieren. Also insofern ist das nicht wahnsinnig revolutionär.
Gibt es denn Fälle, wo sie die Nationalität weiterhin von sich aus bekannt geben?
Das ist sicher bei Fahndungsaufrufen der Fall. Und dann könnte ich es mir auch vorstellen, wenn wir zum Beispiel einen Konflikt zwischen Gruppen haben. Kurden etwa, die vor dem türkischen Konsulat demonstrieren. Da müssen wir die Nationalität nennen, weil man sonst nicht versteht, warum überhaupt demonstriert wird.
Man könnte auch einen Schritt weitergehen und auch auf Altersangaben verzichten. Ein 80-Jähriger, der einen Fussgänger angefahren hat. Diese Meldung könnte ja auch den Eindruck vermitteln, dass jeder ältere Mensch am Steuer ein Risiko ist.
Das ist eine Frage, die man in Zukunft durchaus auch diskutieren könnte.
Das ganze Interview mit Stadtrat Richard Wolff finden Sie als Audiofile in diesem Artikel. Das Gespräch führte Vera Deragisch.