Mit diesem Ergebnis hatte niemand gerechnet: Im Juni stimmten die Baslerinnen und Basler vier Mieterschutz-Initiativen zu. Nun steht in der Verfassung des Kantons, dass es ein allgemeines Recht auf Wohnen gibt, dass der Kündigungsschutz verstärkt wird und renditegetriebene Gebäudesanierungen verhindert werden sollen. Die Regierung ist gefordert, die Initiativen umzusetzen. Sie hat dafür zwei Jahre Zeit. Doch bereits jetzt tobt ein Streit über die Umsetzung.
Beat Leuthardt, Geschäftsführer des Basler Mieterverbands, ist jedenfalls empört. Im Juni habe das Stimmvolk klar signalisiert, dass es bezahlbaren Wohnraum im Kanton erhalten wolle. Geändert habe sich seither jedoch nichts: «Die Probleme auf dem Wohungsmarkt gehen weiter.»
Mieterverband beklagt Massenkündigungen
Nach dem vierfachen Ja zu den Mieterschutz-Initiativen erwarte die Bevölkerung aber, dass der Kanton sie vor Wohnungskündigungen schütze. Schliesslich stehe dies nun in der Verfassung. Doch wöchentlich gebe es neue Massenkündigungen. «Wir haben aktuell zwei grössere Überbauungen in Kleinbasel, wo Zürcher Investoren alles umkrempeln wollen, damit es der Rendite dient. Dies wäre gemäss der Basler Verfassung nun nicht mehr zulässig.»
Der Mieterverband fordert daher vom Kanton, von Regierung und Verwaltung, dass diese etwas unternehmen gegen Wohnungskündigungen. Die Mieterschutz-Initiativen sollen sofort umgesetzt werden. Das würde bedeuten, dass der Kanton den Umbau oder die Sanierung von Mietwohnungen bewilligen - und die Höhe der Miete kontrollieren müsste.
Kanton will seine Arbeit machen können
So einfach sei das aber nicht, heisst es beim Kanton. Lukas Ott, Leiter der Stadtentwicklung, betont: Die neuen Verfassungsbestimmungen müssten zuerst in Gesetze gegossen werden - und das brauche Zeit: «Es ist legitim, Druck zu machen. Das gestehe ich dem Mieterverband zu. Aber wir müssen auch schlicht unsere Arbeit machen können.» Sofortmassnahmen gegen Massenkündigungen - wie sie der Mieterverband fordere, seien nicht möglich. Dafür brauche es eine gesetzliche Grundlage. So lange will der Mieterverband jedoch nicht warten - und droht damit, Regierung und Verwaltung mit einer Durchsetzungsinitiative Beine zu machen.
Doch nicht nur der Mieterverband hat klare Erwartungen an den Kanton, was die Umsetzung der Mieterschutz-Initiativen betrifft. Auch die Immobilienbranche. Nur hofft sie auf das Gegenteil vom Mieterverband. Sie wünscht sich eine möglichst sanfte Umsetzung. Derzeit sei die Branche nämlich verunsichert, sagt Michel Molinari, Vizepräsident des Schweizerischen Verbands der Immobilienwirtschaft: «Viele meiner Kollegen aus der Branche haben Bestände in der Stadt, die sie in absehbarer Zeit sanieren möchten - und sie machen sich Gedanken, wie es weitergeht.»
Immobilienbranche macht sich Sorgen
Die Branche befürchtet, dass es nach dem Ja zu den Mieterinitiativen künftig schwieriger werden könnte, Wohnungen zu renovieren. «Wenn man die Mieten nicht erhöhen kann, dann kann man seine Investitionen nicht rentabilisieren. Also ist man auch nicht mehr interessiert daran, seine Gebäude zu unterhalten.» Dass Häuser verlottern, könne allerdings niemand wollen, sagt der Vertreter der Immobilienwirtschaft.
Die Basler Regierung und Verwaltung stehen also vor einer schwierigen Aufgabe. Sie müssen auf der einen Seite sicherstellen, dass keine bezahlbaren Wohnungen abgerissen werden. Auf der anderen Seite aber auch garantieren, dass die Immobilienbranche weiterhin in Basel investiert. Denn in einem sind sich alle einig: Es braucht möglichst viele Wohnungen in Basel. Die Bevölkerungszahl ist in den letzten zehn Jahren stark gestiegen.
(SRF 1, Regionaljournal Basel, 17:30 Uhr)