Gegen 400 Personen zwängten sich am Donnerstagabend für die Informationsveranstaltung in die Turnhalle im 700-Seelen-Dorf. Vor Ort wollten die Urner Sozialdirektorin Barbara Bär, weitere Vertreter des Kantons und des Roten Kreuzes über das geplante Erstaufnahmezentrum für bis zu 60 Personen im Hotel Löwen informieren.
Beschimpfungen
Die Regierungsrätin wurde aber gleich zu Beginn ihrer Präsentation von einer Gegnerin unterbrochen. «So nicht!», sagte die Sprecherin einer Interessengesellschaft gegen das Zentrum. Sie warf der Regierungsrätin Mangel an Respekt und Höflichkeit vor. Die Berggemeinde sei in den Sommerferien vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Sie habe mit ihrer politischen Dreistigkeit Unfrieden in der gesamten Gemeinde gestiftet.
Landrat Oswald Ziegler (CVP) sagte, der 700-Seelen-Ort Seelisberg lebe vom Tourismus und sei nicht fremdenfeindlich. Man habe stets Gäste beherbergt. Aber bis zu 60 Asylsuchende könne die Gemeinde nicht verkraften und treibe sie in den Ruin. Die Flüchtlinge müssten proportional auf alle 20 Gemeinden verteilt werden.
Weiter hiess es, 60 Asylbewerber auf den Berg nach Seelisberg zu schicken, werde die Dorfgemeinschaft nicht zulassen. An die Adresse der Regierungsrätin sagte eine weitere Bürgerin: «Kommen Sie wieder, wenn Sie einen vernünftigen Vorschlag präsentieren können.»
Abbruch nach einer Stunde
Unter Protest verliessen die Besucher nach und nach den Saal. Einige blieben vergeblich und wollten sich das Konzept der Regierungsrätin anhören. Der Anlass wurde schliesslich rund eine Stunde nach Beginn nach einem Vorschlag von Gemeindepräsident Karl Huser-Lüönd abgebrochen.
Bär will am Standort festhalten
Regierungsrätin Barbara Bär erklärte nach Abbruch der Veranstaltung im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda, sie wolle am geplanten Standort für das Asylzentrum in Seelisberg festhalten. Die Zahl der aufzunehmenden Asylbewerber, die der Kanton mit maximal 60 angegeben hat, sei nicht in Stein gemeisselt. Bär will nun einen runden Tisch einberufen mit Vertretern des Kantons, des Gemeinderats und der Interessengemeinschaft.
Im Dorf ist die Unsicherheit spürbar
Der Unmut gegen die 60 Asylsuchenden, ist in Seelisberg spürbar: So viele Asylsuchende passten nicht in die heile Bergwelt, heisst es im Dorf. Auch der junge Mann, der in einer Käserei arbeitet, findet die Zahl hoch, aber: «Wenn die Asylsuchenden hier keinen Platz haben, müssen sie an einem anderen Ort einen Platz finden. Das ist für die Leute sicher auch nicht einfach.» Er zeigt auf den Fussballplatz vor der Käserei: «Hier spielen wir einmal in der Woche. Es kommen nicht immer so viele Leute und ich denke, mit den Leute könnte man Spass haben – das würde sicher auch etwas Positives zum Dorf beitragen.»
Man könnte mit den Asylsuchenden Fussball spielen – das würde sicher auch etwas Positives zum Dorf beitragen.
Christoph Näpflin von der IG, die sich gegen das Asylzentrum einsetzt, beteuert, man sei nicht kategorisch gegen die Asylsuchenden. Am runden Tisch sei es aber wichtig, dass die Argumente der IG dabei diskutiert werden können und so eine verträgliche Lösung gefunden werde. Wie diese Lösung genau aussehen soll, darauf will er sich aber nicht festlegen.