Farbige Fassade, versprayte Fenster, Transparente: Das ehemalige Betagtenheim in Zollikofen sieht seit einigen Tagen nicht mehr aus wie zuvor. Eine Gruppierung hat sich am letzten Donnerstag Zutritt verschafft und besetzt das zehnstöckige Gebäude seither. In Zollikofen wird emsig diskutiert über die neuen Nachbarn.
Wir dulden die Besetzung nicht.
Für Gemeindepräsident Daniel Bichsel (SVP) ist die Situation unhaltbar: «Wir haben Mühe, wenn man ein Haus illegal in Anspruch nimmt. Das duldet der Gemeinderat nicht».
Bereits letzte Woche hat der Gemeinderat von Zollikofen den Besetzern ein Ultimatum gestellt, um das Haus zu verlassen. Ohne Reaktion. Ein zweites Ultimatum bis Dienstagmittag ist ebenfalls verstrichen. Nun hat die Gemeinde die Sache der Kantonspolizei übergeben und einen Straf- und Räumungsantrag gestellt. Die Polizei bestätigt dies. Ob und wann eine Räumung ansteht, lässt sie nicht durchblicken.
Die Besetzer ihrerseits wollen bleiben, wie sie im Gespräch sagen. Ihnen gehe es um eine Aktion gegen die Wohnungsnot. Auch wollen sie aus dem ehemaligen Betagtenheim ein offenes Haus machen, wo Wohnen und Kultur niederschwellig möglich sei.
Offene Ohren...
Bei vielen Menschen in Zollikofen stiessen ihre Pläne auf offene Ohren, sagt ein Mitglied der Besetzer: «Der grosse Zuspruch hat uns erstaunt». Zahlreiche Jugendliche aus Zollikofen seien von Beginn an da gewesen und hätten die Aktion begrüsst. Auch ihre Aktionen, mit offenen Türen, Kaffee und Kuchen auf die Bevölkerung zuzugehen, sei gut angekommen.
«Wir haben viel Zuspruch erfahren.»
Doch es gibt auch viele Gegner. Martin Köchli wohnt im Quartier und hat ein Komitee gegen die Besetzung gegründet. «Die illegale Besetzung ist kein akzeptables Vorgehen. Zudem verursachen die Leute mit ihren Vermummungen Ängste in der Bevölkerung.» Das Komitee habe viele besorgte Rückmeldungen erhalten.
... und Ablehnung
Tatsächlich treten die Besetzer gegenüber Medien wie auch gegenüber Behördenvertretern nur vermummt auf. Sie wollten sich so schützen vor rechtlicher und finanzieller Haftung. Das droht tatsächlich: Gemeindepräsident Daniel Bichsel will die Besetzer wenn möglich belangen für Schäden im Haus.
Zwischennutzung angepeilt
Vorerst geht es im Haus aber um andere Fragen: Strom und Wasser installieren, das Haus vorübergehend bewohnbar machen. «Wir wollen das Gebäude zwischennutzen. Sobald eine andere Nutzung da ist, gehen wir», sagt eine Frau im Kollektiv.
Doch eine Zwischennutzung schliesst Gemeinderat Daniel Bichsel aus. Es gehe um Haftungsfragen, wenn das Haus vermietet werde. Auch sei das Gebäude in einem zu schlechten Zustand. Man habe Pro und Kontra einer Zwischennutzung abgewogen und sich dagegen entschieden. Auch im Vertrag mit der Gebäudeversicherung ist eine Zwischennutzung ausgeschlossen.
(Schweiz aktuell 19 Uhr)