Nach dem friedlich verlaufenen Abzug präsentierte sich das Areal in aufgeräumtem Zustand, wie ein Sprecher der Stadtpolizei sagte. Alle Aktivisten mussten sich im Anschluss einer Personenkontrolle unterziehen.
Wie viele bis zum Schluss auf dem Areal ausharrten, konnte der Sprecher der Polizei nicht sagen. Zeitweise waren es bis zu 500 Personen gewesen, die das Zürcher Binz-Areal am Wochenende in Beschlag genommen hatten, um ein dreitägiges Fest zu feiern.
Trotz Anzeigen und mehrerer Dutzend Lärmklagen liess die Stadtpolizei die Besetzerinnen und Besetzer bis Sonntagabend gewähren. Ein Polizeieinsatz schien aus Sicht der Polizei unverhältnismässig. «In diesem Fall hätten wir unter Umständen mit massiven Ausschreitungen rechnen müssen», sagte der stellvertretende Polizeivorstand Filippo Leutenegger am Sonntag vor den Medien.
«Wir nehmen diese Leute beim Wort»
Auf einem Flugblatt hätten die Besetzer mitgeteilt, sie seien bis am Sonntag auf dem Gelände und wollten danach auch aufräumen. «Wir nehmen diese Leute beim Wort», sagte der FDP-Stadtrat zuvor. Am Abend müsse sicher Schluss und am Montag der Platz sauber und geräumt sein. Sei dies nicht der Fall, liege es in der Kompetenz der Polizei, über das weitere Vorgehen zu entscheiden.
Die politische Verantwortung für einen möglichen Polizeieinsatz wird ab Montag nicht mehr bei Leutenegger, sondern bei seinem Kollegen Raphael Golta (SP) liegen. Die beiden Stadträte führen das Departement je eine Woche lang, bis Polizeivorstand Richard Wolff (AL) wieder aus den Ferien zurück ist.
«Denkmal für Freiräume»
Auf dem Binz-Areal war seit Freitagabend eine Open-Air-Party im Gang. Zunächst drangen rund 100 Besetzerinnen und Besetzer in das bereits in früheren Jahren besetzte Gelände ein. Zuvor hatten sie sich Scharmützel mit der Polizei geliefert.
In einer Mitteilung kündigten die Aktivisten ein «grosses Fest» an. Damit wollten sie ein «Denkmal» setzen «für alle Freiräume, die Platz für alternatives und bezahlbares Leben boten und vernichtet wurden».
Da die Stimmung während der ganzen Zeit zwar laut war, doch weitgehend friedlich blieb, entschieden Polizei und Polizeivorstand nach intensiven Diskussionen, die immer stärker anschwellende Menge gewähren zu lassen – in der Annahme, dass nach drei Tagen Schluss sei. «Zu diesem Entscheid stehe ich», sagte Leutenegger.
Dass so viele Anwohner wegen des Lärms schlaflose Nächte hatten, sei frustrierend und tue ihm leid. «Wir hatten aber leider keine andere Wahl», betonte Leutenegger. «Die Konsequenzen hätten verheerend sein können.»
Bürger sollen nicht die Quittung zahlen
Neben Anzeigen wegen Sachbeschädigung ging am Samstag auch eine Anzeige des Kantons ein. Dieser forderte, das ihm gehörende Areal zu räumen und die Personalien der Besetzer aufzunehmen. Damit solle sichergestellt werden, dass die Rechnung für eine allfällige Räumung nicht wie bei der letzten Räumung der Steuerzahler übernehmen müsse.
Zu einem Zwischenfall kam es am Samstagnachmittag, als sich Leutenegger vor Ort ein Bild machen wollte. Dabei habe er sich als Vertreter des Stadtrates zu erkennen gegeben. Dass er dann von einigen jungen Männern massiv angepöbelt und geschubst worden sei, habe ihn erschüttert.
Schon in früheren Jahren besetzt
Das Binz-Areal war schon einmal – von Mai 2006 bis Mai 2013 – besetzt gewesen. In die Schlagzeilen gerieten die Besetzer Anfang März 2013, als es bei einer Demo vom Binz-Areal zum Helvetiaplatz zu schweren Ausschreitungen mit mehreren hunderttausend Franken Sachschaden kam. Ende Mai 2013 verliessen die Aktivisten das Gelände, nachdem ihnen ein Ultimatum zur Räumung gestellt worden war.