SRF: Zehn Regisseure, die gemeinsam einen Film machen. Die zehn Szenen drehen. Wie kamen Sie auf diese Idee?
Jan Gassmann: Anfangs war viel Naivität mit im Spiel. Mein Mit-Initiator Michael Krummenacher und ich hatten das Gefühl, nach all den politischen Veränderungen wie etwa der Masseneinwanderungsinitiative sollten wir Stellung beziehen. Weil wir aber dachten, ein Film über ein Land ist derart abstrakt, dass wir ihn nicht alleine drehen können, kamen wir auf zehn Regisseure. Keine einfache Aufgabe.
War es schwer, Regisseure zu finden, die mitmachen wollten?
Gar nicht. Von 30 Regisseuren, die wir angefragt hatten, wollten 25 mitmachen. Als wir dann aber in einer Alphütte am Konzept gearbeitet haben, merkten wir: Jeder Regisseur ist ein Alphatier. Jeder ist mindestens einmal ausgestiegen. Aber alle kamen wieder zurück.
Weshalb?
Ich glaube, es war die Erkenntnis, dass wir gemeinsam mehr erreichen können als einzeln.
Hatten die acht Regisseure und zwei Regisseurinnen bei ihren Szenen freie Hand?
Wir versuchten, Figuren zu finden, die im Gesamten ein Kaleidoskop der Schweiz bildeten. Danach haben alle ihre Figuren gestaltet und Michael Krummenacher und ich haben versucht, zu ergänzen. Das ganze war ein langer Verhandlungsprozess.
Inhaltlich ist der Film düster, die Schweiz im Untergang. Die Solidarität geht vollständig verloren. Weshalb?
Im Moment einer Katastrophe wird der Mensch auf sich selbst zurückgeworfen. So zeigt sich die Mentalität eines Landes. Zur Solidarität: Wir wollten thematisieren, dass die Beziehungen in unserer Gesellschaft bereits vor der Katastrophe nicht funktioniert hatten.
Die Themen des Films - Katastrophen, Flucht, Grenzen, die zu sind - sind brandaktuell. Sie wollen mit dem Film auch eine Botschaft vermitteln. Die Schweiz soll ihre Haltung zum Ausland kritisch hinterfragen. Erreichen Sie dies? Sprechen Sie gerade konservative Schweizerinnen und Schweizer mit einem derartigen Film an?
Es ist kein Film, der überzeugen will, sondern einer, der zum Denken anregen will. Der Film soll kein reines Manifest sein, keiner der Regisseure hat ein Parteibuch. Wir wollen die Menschen anschauen, nicht die Politik. Wir hoffen, dass man sich auch mit den Rechtskonservativen im Film identifizieren kann.
(Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 17:30 Uhr)