Attentat in Zug: Diana Stadelmann wurde Zeugin
Sie ist die jüngste Politikerin im Kantonsrat Zug. Kurz bevor Stadelmann ans Rednerpult tritt, dringt ein schwer bewaffneter Mann in den Ratssaal ein und richtet ein Blutbad an. Diana Stadelmann versteckt sich unter einem Pult, ruft die Polizei an.
Ich war eher im Organisations- als im Fluchtmodus.
Zweieinhalb Minuten lang fallen Schüsse, danach richtet Attentäter Friedrich Leibacher die Waffe auf sich selbst. Das Attentat fordert 15 Todesopfer. Diana Stadelmann bleibt unverletzt.
Die damals 28-jährige lebt zunächst ihr Leben weiter. Doch das Erlebte hinterlässt tiefe Spuren. Monate später wird sie von Panikattacken und Flashbacks eingeholt, traut sich nicht mehr allein auf die Strasse. «Ich hätte früher einen Break einlegen müssen», sagt sie rückblickend.
Sie setzt sich intensiv mit dem Täter auseinander, liest wochenlang alle Akten: «Das half mir, das Ereignis einzuordnen.» Sie treibt intensiv Sport, spürt die eigene Kraft in sich und gründet mit ihrem Mann eine Familie.
Vor dem Attentat wollten wir keine Kinder. Das veränderte sich.
Stadelmann erkennt, was ihr wirklich wichtig ist im Leben. Heute ist sie zweifache Mutter – und hat keine Angst mehr vor dem Tod.
Flugzeugabsturz in Bassersdorf: Jacqueline Badran überlebte
Zwei Wochen vor dem Unglück feiert die heutige SP-Nationalrätin ihren 40. Geburtstag: «Ich hätte nie gedacht, dass ich die Vierzig erreiche, so wie ich lebte». Am 24. November 2001, als sie die Crossair-Maschine von Berlin nach Zürich besteigt, ahnt sie nicht, dass sie dem Tod kurz darauf direkt ins Antlitz blicken würde.
Im Flugzeug wechselt sie noch die Sitzreihe, um etwas mehr Ruhe zu haben. Das rettet ihr später das Leben. Beim Landeanflug gerät das Flugzeug ausser Kontrolle.
Es schüttelte uns durch. Ich sah eine Feuerwand, hörte einen Knall und dachte: Das ist jetzt also mein Tod.
Doch sie überlebt, als eine der wenigen Flugzeuginsassen. Wochenlang wird Jacqueline Badran von Medien belagert, bevor sie selbst das Erlebte verarbeiten kann: «Ich wollte die Absturzstelle sehen, jedes Detail über die Unglücksursache wissen.»
Sie trifft die Hinterbliebenen und versucht, ihnen ihre Fragen zu beantworten: «Ich hatte das Gefühl, ich sei ihnen das schuldig.» Badran kommen die Tränen.
Ich erfuhr, dass an Bord Eltern eines Kindes waren, das bei der Oma zuhause blieb, weil es an eine Harry-Potter-Party wollte.
Für die Angehörigen sei wichtig gewesen zu wissen, dass ihre Liebsten nicht lange leiden mussten. Auch ihr hilft es, über das Erlebte zu sprechen: «Es musste einfach raus.»
Was bleibt? «Die Gewissheit, eine Art Bestätigung darin, dass das Leben endlich ist.»
Terroranschläge in New York: Adrian Müller fotografierte
Adrian Müller lebt noch nicht lange in New York, als sich direkt vor seinen Augen die Terroranschläge ereignen.
Ich beobachtete von meinem Loft aus, wie zuerst ein Flugzeug in die Twin Towers hineinflog, dann ein Zweites.
Müller entschliesst sich, noch näher heranzugehen. Er fährt mit dem Velo zur Brooklyn Bridge und läuft dem Menschenstrom entgegen, blickt in staubbedeckte Gesichter: «Es wirkte auf mich fast apokalyptisch.»
Erst nach und nach erfasst er die Tragweite dessen, was da gerade passiert, dass er Menschen sterben sieht: «Die Emotionen kamen sogar erst ein Jahr später so richtig hoch, am ersten Jahrestag.»
Müllers Bilder gehen um die Welt. Er selbst hat sie nie angeschaut, schlägt danach einen anderen beruflichen Weg ein.
Man bot mir danach an, nach Afghanistan zu fliegen, um das Geschehen zu dokumentieren.
Müller wendete sich vom Fotojournalismus ab und spezialisierte sich auf Food- und Werbefotografie. Extremsituationen reizten ihn nicht mehr. Die Bilder von New York haben sich jedoch für immer eingebrannt, wie bei Vielen von uns.