Der Herbst vor 20 Jahren versetzte die Schweiz in einen Schockzustand. Die Terroranschläge auf das World Trade Center in New York, das Attentat in Zug, das Grounding der Swissair, der Grossbrand im Gotthardtunnel und der Absturz eines Flugzeugs in Bassersdorf prägten unser Land.
Einen Flugzeugabsturz überlebt. Beim Amoklauf in Zug unter einem Pult versteckt. Die Terroranschläge in New York fotografiert. Beim Grounding der Swissair hunderte Personen entlassen und selbst den Job verloren. Menschen, die den Katastrophenherbst miterlebt haben, blicken zurück. Für sie waren es Wendepunkte. Die Ereignisse haben sich in ihre Biografien und das Gedächtnis der Schweiz eingebrannt.
Um diesen Podcast zu abonnieren, benötigen Sie eine Podcast-kompatible Software oder App. Wenn Ihre App in der obigen Liste nicht aufgeführt ist, können Sie einfach die Feed-URL in Ihre Podcast-App oder Software kopieren.
Im SRF-Podcast «Es geschah am... 2001» teilen Menschen, welche die Ereignisse aus nächster Nähe miterlebten, ihre Geschichte.
Bildergalerie: Sie erzählen ihre Geschichte im Podcast
11. September: Die Terroranschläge von New York
Adrian Müller hat gerade frische Gipfeli geholt und von seiner Wohnung aus direkten Blick auf die Twin Towers, als ein Flugzeug in einen der Türme kracht. Er sieht die Rauchsäule emporsteigen. Mit der Kamera hält der Schweizer Fotograf fest, wie ein weiterer Flieger in den zweiten Turm kracht.
Ich dachte in meiner Naivität zuerst, die zweite Maschine sei ein Löschflugzeug
Anschliessend fährt Adrian Müller mit seinem Velo näher ans Geschehen und schiesst zahlreiche Bilder, mitten im Menschenstrom, der ihm entgegenkommt. Erst nach und nach wird ihm bewusst, was da vor seinen Augen passiert.
Müllers Bilder der Anschläge auf das World Trade Center gehen um die Welt. Er selbst hat sie nie angeschaut.
«Vielleicht keine schlechte Strategie,» findet Stefan Vetter. Denn Bilder können traumatisieren. Vetter leistet kurz nach den Anschlägen eine psychologische Unterstützungsmission im Auftrag des Bundes in New York. Er trifft leere Strassen und eine verängstigte Bevölkerung an.
27. September: Das Attentat von Zug
Diana Stadelmann hatte sich gut vorbereitet auf ihre Rede im Zuger Kantonsrat. Kurz bevor sie ans Rednerpult tritt, dringt ein schwer bewaffneter Mann mit einer Polizeiweste in den Saal ein. Er richtet innert weniger Minuten ein Blutbad an. Stadelmann schafft es, sich unter einem Pult zu verstecken und die Polizei zu verständigen. Sie überlebt das Attentat unverletzt.
«Das Erlebte holte mich mit seiner ganzen Wucht erst ein paar Monate später ein»
Monate später wird sie eingeholt von Panikattacken. Die Verarbeitung braucht Zeit und Energie. Das Attentat wird zu einem Wendepunkt in ihrem Leben. Stadelmann und ihr Mann verspüren einen Kinderwunsch, der vorher nicht da war: «Wir fanden, das kann es ja nicht gewesen sein.» Heute hat sie zwei Kinder. Und keine Angst mehr vor dem Tod.
Auch für Roland Hodel, der beim Attentat in Zug die Sondereinheit Luchs führt, bleibt das Erlebte unvergessen. Rückblickend sagt er: «Die Verarbeitung mit den Einsatzkräften war enorm wichtig. Auch die «harten» Lüchse sind Menschen.»
2. Oktober: Das Grounding der Swissair
Therese Schläpfer lebt ihren Traum: Sie ist Flugbegleiterin bei der Swissair, Maître de Cabine. Doch das Grounding markiert das baldige Ende ihrer Arbeit bei der ehemals schillernden Vorzeige-Airline.
Mit dem Grounding der Swissair erlebt die Schweiz die grösste Firmenpleite der Nachkriegszeit. Für Therese Schläpfer bedeutet das Grounding die Kündigung.
Ich schämte mich so sehr, ich traute mich nicht mehr ins Dorf.
Auch Robert Baumgartner verliert als Chef der Flugbegleiter:innen seinen Job. Zuvor muss er hunderte Kündigungen aussprechen. «Die Leute taten mir leid», sagt er heute.
Während Baumgartner nach dem Grounding der Flugbranche treu blieb, bedeutete es für Schläpfer einen Neuanfang. Sie stieg in die Politik ein und ist heute SVP-Nationalrätin.
24. Oktober: Der Gotthardtunnel brennt
Es ist mit 11 Toten der folgenschwerste Unfall, der sich je im Gotthardtunnel zugetragen hat. Mario Gagliardi ist 2001 verantwortlich für den Tunnelbetrieb: «Ich war in einer Sitzung, als mir der Brand gemeldet wurde.»
Auf den Bildschirmen sah ich die Feuersbrunst, dann nur noch schwarzen Rauch
Zwei Lastwagen sind frontal ineinander gekracht und verstopfen den Tunnel. «Die Feuerwehr kam nicht durch, das hatten wir noch nie erlebt. Man fühlte sich machtlos», so Gagliardi heute.
Der Tunnel wurde bereits zwei Monate nach dem Unglück wieder in Betrieb genommen, doch das Gotthard-Inferno bleibt unvergessen: Auch für Mario Gagliardi, der sich bis heute für mehr Sicherheit in Tunnels einsetzt.
24. November: Flugzeugabsturz über Bassersdorf ZH
«Plötzlich knallte es, dann sah ich eine Feuerwand vor mir.» Jacqueline Badran sitzt in der Unglücksmaschine, die kurz vor der Landung in Zürich in Bassersdorf abstürzt.
Die damals 40-jährige Politikerin und Unternehmerin überlebt den Absturz als eine der wenigen Passagiere. In den Wochen danach wird sie von Medien belagert, ununterbrochen klingelt ihr Telefon.
Ich war mir sicher: Das ist er jetzt, mein Tod.
Auch zwanzig Jahre später wird Badran von ihren Gefühlen übermannt, wenn sie über den Absturz des Crossair-Flugzeugs und die Zeit danach spricht: «Gleichzeitig war es für mich als Gegenwartsmensch eine Art Bestätigung. Eine Bestätigung um das Wissen, dass das Leben endlich ist.»
Markus Frei erzählt im SRF-Podcast «Es geschah am... 2001» ebenfalls seine Geschichte. Er war als einer der ersten Rettungskräfte vor Ort. Mit den Autorinnen des Podcasts kehrt er nochmals zurück an die Absturzstelle, wo bis heute eine Gedenktafel an die 24 Todesopfer erinnert.