Die Initiative verlangt, dass Schweizer Konzerne dafür haften, wenn Tochterfirmen im Ausland grobe Menschrechtsverletzungen begehen oder Umweltschäden verursachen.
Kinderarbeit, vergiftete Flüsse, tödliche Pestizide - eine Analyse der Hilfsorganisationen «Brot für Alle» und «Fastenopfer» zählte allein in den Jahren von 2012 bis 2017 insgesamt 64 Verletzungen von Menschenrechten oder Umweltstandards durch Schweizer Konzerne.
Das heisst: Fast einmal pro Monat war ein Schweizer Konzern im Ausland in die Verletzung von Menschenrechten oder Umweltstandards verwickelt.
Grosskonzerne, die Menschen vertreiben oder ganze Landstriche zerstören, sollen nicht auch noch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anständig wirtschaftenden KMU haben.
Sympathien bis weit ins bürgerliche Lager
Nicht nur Menschenrechts- und Umweltschutzorganisationen, Hilfswerke, Kirche und linke Parteien, sondern auch Bürgerliche und viele Schweizer KMU sind der Meinung, dass man mit seiner Tochterfirma nicht die Gesundheit der Anwohner schädigt, kein Trinkwasser vergiftet oder Menschen vertreibt. Wenn ein Konzern das trotzdem tut, solle er künftig dafür geradestehen. Für die Befürworter ist klar: «Die Initiative fordert eine Selbstverständlichkeit.»
Wenn hiesige Grosskonzerne auf Kinderarbeit setzen oder Flüsse vergiften, sollen sie dafür geradestehen.
In der Schweiz hätten viele international wichtige Firmen ihren Sitz – und somit habe unser Land auch eine besondere Verantwortung, sind die Befürworter überzeugt.
«Initiative ist zu extrem»
Dem Bundesrat und Parlament sowie Wirtschaftsverbänden wie dem Dachverband Economiesuisse geht die Initiative zu weit. Sie befürchten eine Schwächung der Schweizer Unternehmen, den Rückzug von KMU aus Entwicklungsländern, zu viel Bürokratie und erpresserische Klagen.
Die Konzernverantwortungsinitiative belastet unsere Unternehmen mitten in der Krise.
Eine Annahme der Konzernverantwortungsinitiative würde laut Bundesrat Schweizer Unternehmen gegenüber ihren ausländischen Konkurrenten benachteiligen. Sie gefährde damit Arbeitsplätze in der Schweiz, aber auch Investitionen von Schweizer Firmen im Ausland. Zudem sei es ungerecht, wenn wegen einzelner schwarzer Schafe der ganzen Wirtschaft ein Korsett angelegt werde, in dem sie kaum mehr atmen könne.
Die Initiative ist ein Bumerang zum Schutz von Menschenrechten und Umwelt. Denn wenn sich Schweizer Unternehmen aus Entwicklungsländern zurückziehen, verlieren alle.
Was würde bei einer Ablehnung geschehen?
Bei Ablehnung der Initiative würde automatisch ein indirekter Gegenvorschlag in Kraft treten. Die Gegner der Konzerninitiative plädieren für diesen. Er wurde vergangenen Sommer vom Parlament beschlossen.
Der Gegenvorschlag geht weniger weit als die Initiative und verzichtet auf neue Haftungsnormen. Er will jedoch neue Pflichten zur Sorgfaltsüberprüfung und Berichterstattung einführen. Wer gegen diese Pflichten verstösst, wird mit einer Busse von bis zu 100'000 Franken bestraft.
Gäste in der Sendung waren:
- Beat Hess, Verwaltungsratspräsident LafargeHolcim
- Peter Stämpfli, Unternehmer, Stämpfli Gruppe Bern (Verlags- und Kommunikationsunternehmen)