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Attentat auf Trump Ein Bild geht um die Welt – wer profitiert?

Das Bild hilft Donald Trump mehr als dem Fotografen, sagt World-Press-Photo-Preisträger Michael von Graffenried.

Donald Trump streckt nur Sekunden nach dem Attentat mit Blut im Gesicht eine Faust in die Höhe. Dieses Bild geht um die Welt. Michael von Graffenried, Fotograf und World-Press-Photo-Preisträger weiss, was es heisst, ein solches Bild zu schiessen.

Blutüberströmter Trump hält Faust in die Höhe.
Legende: Mit dieser Geste beendete Donald Trump die Wahlveranstaltung in Butler, Pennsylvania, bei der er angeschossen worden war. Keystone/AP/Evan Vucci

«Die Fotografen rund um die Trump-Wahlveranstaltung waren Profis, die ihren Job machten», sagt von Graffenried. «Sie waren zu viert und durften in der ersten Reihe fotografieren.» Einer von ihnen hat offenbar das Bild geschossen, das jetzt um die Welt geht.

Michael von Graffenried

Fotograf

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Michael von Graffenried wuchs in Bern auf. Nach der Matura absolvierte er ein Praktikum bei einem Werbefotografen und begann, als Fotojournalist zu arbeiten. Er machte sich bald mit Foto-Reportagen einen Namen. Graffenrieds bekannteste Arbeit befasst sich mit dem algerischen Bürgerkrieg in den Jahren 1991 bis 1999. Er erhielt für seine oftmals unter schwierigen Umständen entstandenen Werke zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen. 1989 wurde er auch Word-Press-Photo-Award ausgezeichnet.

Graffenried lebt und arbeitet in Paris, Brooklyn und in der Schweiz. 2007 verbrachte er mehrere Monate in Kairo, ausgestattet mit einem artists-in-residence-Stipendium der «Vereinigung Schweizer Städte». 2012 lebte er für ein halbes Jahr in Varanasi, Indien. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter.

So etwas könne man nicht planen. Wenn vier Fotografen in der ersten Reihe stehen, seien alle Bilder ähnlich, aber Evan Vucci habe das mit dem besten Bildausschnitt eingefangen. Für Michael von Graffenried ist klar, Vucci hat das Bild des Jahres geschossen und dürfte im nächsten Jahr World-Press-Photo-Gewinner werden. Mehr noch, sogar den Pulitzer-Preis traut er ihm mit diesem Bild zu.

Und jetzt – klingeln die Kassen?

Schreibt ein Musikkomponist einen Welthit, hat er unter Umständen ausgesorgt. Wie ist es bei Evan Vucci? Wird nun seine Kasse klingeln? Michael von Graffenried winkt ab. Ein Agenturfotograf ist angestellt. Der mache seinen Job und erhalte dafür einen Monatslohn. Er akzeptiere, dass die Agentur mit den Bildern machen kann, was sie will. Sie könnte das Bild von Vucci sogar Trump verkaufen, der dann T-Shirts daraus macht und damit seine Kasse füllt.

Ich war nie in meinem Leben bei einer Agentur, weil ich die Kontrolle über meine Bilder nicht verlieren wollte.
Autor: Michael von Graffenried Fotograf

Auch wenn Evan Vucci, der für die Agentur AP fotografiert, vielleicht nicht für Trump ist, helfe er ihm, Präsident zu werden. Das sei das Problem eines Agenturfotografen, sagt von Graffenried. Er wisse nicht, wo sein Bild am Schluss lande und wofür es verwendet werde. Das habe dazu geführt, dass er selbst nie bei einer Agentur war. «Ich wollte die Kontrolle über meine Bilder nie verlieren.» Mit anderen Berufskollegen um das beste Bild batteln – auch das hat Michael von Graffenried nicht gemacht.

Besser zu sein als der andere, werde viel schwieriger, wenn vier, 20 oder 50 Fotografen das Lauberhornrennen fotografieren. Die Konkurrenz sei da riesig. «Ich ging lieber dorthin, wo niemand sonst hingeht.» So war er etwa während und nach dem algerischen Bürgerkrieg der einzige westliche Fotograf im nordafrikanischen Land. Für die Bilder, die dort entstanden sind, wurde er mehrfach ausgezeichnet.

Das Bild von Trump nach dem Attentat ist mit Sicherheit kein Fake.
Autor: Michael von Graffenried Fotograf

Gerade für freie Fotografen seien Auszeichnungen wie World Press Photo oder der Swiss Press Award wichtig. Im Gegensatz zu den Agenturfotografen erhalten diese kein fixes Salär. Sie bekommen nur das, was sie mit ihren Bildern in den Medien verdienen, und das sei zwischenzeitlich auch nicht mehr so viel.

Swiss Press Photo

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Welche Bilder haben das Jahr 2023 geprägt? In der Ausstellung der Fondation Reinhardt von Graffenried präsentiert die Nationalbank Bern vom 17. Juli bis am 11. Oktober 2024 die besten Schweizer Pressebilder des vergangenen Jahres.

Wer beispielsweise in der Schweiz Fotograf des Jahres wird, erhalte 25'000 Franken. Damit könne der Gewinner ein Jahr lang ein Thema bearbeiten, wo er nichts verdient, wo er auch keinen Auftrag hat. Gewinne ein Agenturfotograf, sei das für ihn gewissermassen ein Zubrot, eine Gratifikation.

Echt oder fake?

Angesprochen auf das neue Zeitalter, in dem die künstliche Intelligenz (KI) Einzug hält, stellt sich die Frage, wie gross das Risiko eines Fake-Bildes ist. «Das Bild von Trump nach dem Attentat ist mit Sicherheit kein Fake», sagt Michael von Graffenried überzeugt. Es gäbe TV-Aufnahmen und die anderen Bilder der Fotografen in der ersten Reihe. Man könne alles rekonstruieren. Zudem sei AP eine weltweit angesehene Agentur, und wenn diese anfangen würde, Bilder zu faken, dann könnten wir alles vergessen. Dann sei die Demokratie am Ende.

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Legende: SRF

Am 5. November 2024 finden die Kongress- und Präsidentschaftswahlen in den USA statt. Alle News und Hintergründe dazu finden Sie hier: US-Wahlen 2024.

Radio SRF 1, «Eins am Morgen», 16.7.2024

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