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Behindertenrechte Der Inklusions-Profi Jonas Staub kennt die Schwachstellen

Selbstbestimmung für Menschen mit einer Beeinträchtigung ist keine Utopie. Jonas Staub macht vor, wie es geht.

Menschen mit einer Beeinträchtigung sollen selbstbestimmt und gleichberechtigt am Leben teilnehmen können. Überall: bei der Arbeit, beim Wohnen und in der Freizeit. Eine Vision, die Jonas Staub seit zwanzig Jahren hartnäckig verfolgt.

Jonas Staub

Inklusions-Experte und Unternehmer

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Der Gründer und CEO von Blindspot , Jonas Staub, wirkte früher als Sozialpädagoge in verschiedenen separativen Strukturen. Der 49-Jährige arbeitete mit Kindern und Erwachsenen mit psychischer, kognitiver und sozialer Beeinträchtigung.

Die von ihm gegründete Non-Profit-Organisation Blindspot wurde 2016 mit dem Prix Lions für das Arbeitsinklusionsprojekt Provisorium46 , einen Gastronomie- und Kulturbetrieb für und mit jungen Menschen mit und ohne Beeinträchtigung ausgezeichnet. 2018 wurde der Blindspot-Gründer Jonas Staub zum Ashoka-Fellow ernannt, eine Bewegung, welche die Sozialunternehmer:innen und -unternehmer weltweit vernetzt und unterstützt. Im selben Jahr erhielt Blindspot den Diversity Award in der Kategorie «Public».

Jonas Staub ist auch an verschiedenen Fachhochschulen als Gastdozent engagiert.

Angefangen hat der Berner ganz klein und ohne Businessplan, wie er sagt. Der ehemalige Sozialpädagoge hat selbst in Institutionen gearbeitet und hatte es satt, dass den Menschen mit einer Beeinträchtigung immer von aussen vorgegeben wird, was sie dürfen, können oder sollen.

Die Vision war stärker als die Geschäftsidee.
Autor: Jonas Staub Inklusions-Experte

Zwei junge, blinde Menschen brachten Staub auf den Weg, den er vor 20 Jahren eingeschlagen hat. Die beiden wollten Snowboarden lernen.

Das brachte Staub, allen Unkenrufen zum Trotz, auf die Idee, Snowboarden für Blinde zu lancieren. Das braucht es nicht, hiess es. Doch, sagte Staub, der als ehemaliger Sozialpädagoge weiss, was es für Mensch mit einer Beeinträchtigung heisst, in einer Institution zu leben und beschäftigt zu sein – isoliert und fern ab der Gesellschaft.

Zukunft Inklusion

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Während eines Monats finden in der Schweiz Aktionen statt, die einen Beitrag zur Umsetzung der UNO-Behindertenrechtskonvention leisten. Was in den Kantonen geplant ist, finden Sie hier .

Das Projekt wird vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen  EBGB  und der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren  SODK unterstützt.

Die «Nationalen Aktionstage Behindertenrechte» finden vom 15. Mai bis 15. Juni 2024 statt.

Menschen mit und ohne Beeinträchtigung zusammenbringen und eine inklusive Gesellschaft fördern, war die Vision und «diese war stärker als die Geschäftsidee», sagt Staub. Er gründete Blindspot, eine Non-Profit-Organisation, die mit ihren Projekten Inklusion seit Jahrzehnten vorlebt. Der einst kleine Verein wuchs zu einer national tätigen Non-Profit-Organisation.

Wo ist die Grenze der Inklusion

Muss ein Mensch mit einer Beeinträchtigung wirklich alles machen können? Die Frage nach der Grenze der Inklusion sei heute noch verbreitet. In der Gesellschaft, der Politik, der Wirtschaft, der Pädagogik und der Bildung, so Staub. Wer diese Frage stellt, soll sich ins eigene kommende Alter hineindenken. Und sich überlegen, wie es sich anfühlt, wenn andere für einen bestimmen, was man noch tun kann und was nicht.

Inklusion heisst Selbstbestimmung und dafür steht Staub ein. In den Blindspot-Betrieben arbeiten Personen mit und ohne Beeinträchtigung Hand in Hand. Selbstbestimmt und ohne Vorgaben einer Institution.

Die Behindertenrechtskonvention (BRK) der UNO, welche auch die Schweiz 2014 ratifiziert hat, verlangt Inklusion statt Isolation. Doch davon sei man noch weit entfernt.

Staub sieht die Gründe im System. Wohnheime, Werkstätten, Sonderschulen etc. – der ganze institutionelle Bereich sei im Laufe der Zeit zu einem Wirtschaftszweig herangewachsen. Jährlich würden Milliarden umgesetzt und ein solches System will aufrechterhalten werden.

80 Prozent der Institutionen braucht es nicht – die Menschen könnten im ersten Arbeitsmarkt beschäftigt werden.
Autor: Jonas Staub Inklusions-Pionier

Gewisse Einrichtungen und Strukturen werde es brauchen. «80 Prozent der Institutionen braucht es jedoch nicht. Die Menschen könnten im ersten Arbeitsmarkt beschäftigt werden», sagt Staub.

Dafür wird er schon mal als «Nestbeschmutzer» beschimpft. Mit seinen Betrieben will er zeigen, wie einfach es ist, Menschen mit Beeinträchtigung im ersten Arbeitsmarkt zu inkludieren und ihre Stärken und ihre Produktivität zu nutzen.

Wir können inzwischen belegen, dass Mitarbeitende mit einer Beeinträchtigung in unseren fünf Betrieben im Verhältnis weniger Absenzen haben.
Autor: Jonas Staub Gründer Blindspot

Nur weil jemand eine Beeinträchtigung hat, fehlt er nicht zwangsläufig mehr am Arbeitsplatz. Das würden Zahlen seiner fünf Betriebe zeigen. Oft hätten diese Menschen sogar weniger Absenzen, als Menschen ohne Beeinträchtigung.

Die Bereitschaft, Menschen mit einer Beeinträchtigung, einzustellen, sei massiv grösser als noch vor zehn oder zwanzig Jahren, sagt Staub. Ein ungelöstes Problem sei die Finanzierung der Unterstützungsleistungen für Menschen mit Handicap. Für das bräuchte es eine Änderung im System und eine Umverteilung der Finanzströme.

Radio SRF 1, «Morgengast», 7:15 Uhr, 15.05.2024

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