Es sind unglaubliche Bilder aus der Türkei und Syrien: Riesige, zusammengestürzte Häuser, überall ein Chaos. In den Trümmern liegen noch etliche Menschen und brauchen dringend Hilfe. Hier kommt die Schweizer Organisation Redog ins Spiel: 14 Rettungshunde und 22 weitere Helferinnen und Helfer suchen im Katastrophengebiet nach Verschütteten. Marina Tulinski, Equippenleiterin bei Redog, unterstützt die Teams aus dem Büro in der Schweiz aus.
Radio SRF 1: Marina Tulinski, wie kann man sich einen solchen Einsatz mit Rettungshunden vorstellen?
Marina Tulinski: Zuerst fahren die Freiwilligen ins Katastrophengebiet. Dort angekommen, schickt sie die Equippenleiterin oder der Equippenleiter los. Die Hundeführerinnen und Hundeführer geben ihren Hunden ein Kommando und sie suchen selbständig in den Trümmern nach einer Fährte. Die Hundeführerin oder der Hundeführer behält den Hund stets im Blick.
Und was, wenn der Hund tatsächlich jemanden riecht?
Wenn der Hund etwas gefunden hat, bellt und scharrt er. Dann wird der Hund zurückgerufen und ein Zweiter wird als Bestätigung geschickt. Wenn auch der zweite Hund reagiert, informiert man die Retterinnen und Retter, die dann nach den Verschütteten graben.
Dann ist die Arbeit der Hunde getan?
Nein, auch während der Bergung können die Rettungshunde noch hilfreich sein. Je nachdem wie tief ein Mensch verschüttet ist, hilft es, wenn ein Hund während des Grabens nochmals neu angibt, wo sich genau die Person befindet, ob noch ein bisschen weiter rechts oder links, bis die Person geborgen wird.
Welche Schwierigkeiten könnte es während des Einsatzes geben?
Der Transport der Helferinnen und Helfer in die betroffenen Gebiete kann eine Schwierigkeit sein. Wenn die Strassen alle frei und befahrbar sind, geht es gut. Aber das sieht man erst vor Ort. Auch das Wetter spielt eine Rolle. Wenn es kalt und nass ist, erschwert das den Einsatz.
Dieses Mal unterstützen Sie die Teams von der Schweiz aus. Sie waren aber auch schon selbst im Einsatz in einem Katastrophengebiet. Wie geht es einem dabei?
Ich war beispielsweise beim Einsatz in Japan im Jahr 2011 dabei. Ich fühlte mich vor dem Einsatz gut vorbereitet. Vor Ort ist es natürlich eine andere Situation. Es ist schon überwältigend, vor solchen Trümmern zu stehen. Aber sobald man mit dem Einsatz beginnt, tut man das, wofür man dort ist. Dafür wurden wir ausgebildet. Das Nachdenken kommt erst danach. Wir haben im Hintergrund in der Schweiz gute Unterstützung, dass wir das Erlebte aufarbeiten können.
Wie lange werden die Freiwilligen vor Ort sein?
Das können wir noch nicht genau abschätzen. Das merken wir dann erst vor Ort. Es kommt darauf an, wie gut wir vorwärtskommen und wie viel es zu tun gibt. Es kann gut sein, dass die Freiwilligen eine Woche lang im Einsatz sein werden.
Die Erdbeben in der Türkei und in Syrien waren heftig. Rechnen Sie überhaupt noch damit, viele Überlebende zu finden?
Wir dürfen die Hoffnung niemals aufgeben. Wir rechnen immer damit, dass wir Überlebende finden können, sonst müssten wir gar nicht erst suchen. Alles andere geht schlichtweg nicht.
Das Gespräch führte Lisa Wickart.