Mitfiebern wird Lorenz Nydegger. Er ist Fan des FC Winterthur und im Vorstand des Vereins Fussballkultur.ch, welcher ein Public Viewing im alten Busdepot in Winterthur organisiert. Lorenz Nydegger sagt: «Wir lehnen einen Boykott klar ab.» Dieser würde nur die fortschrittsfeindlichen konservativen Kräfte im Nahen Osten stärken.
Hinschauen statt wegschauen
Der Verein beschäftige sich seit Jahren mit dem Thema Katar. Lorenz Nydegger ist auch nach Katar und Oman gereist. Die Weltmeisterschaft sei eine Chance, kulturelle Stereotypen genauer unter die Lupe zu nehmen. Der Verein hat auch eine Podiumsdiskussion rund um die WM in Katar organisiert.
WM-Verzicht aus ethischen Gründen
Boykottieren wird die WM hingegen Peter Kirschschläger. Der aktive Fussballspieler ist Professor für Theologische Ethik und Leiter des Instituts für Sozialethik an der Universität Luzern. Bei ihm bleibt der Bildschirm schwarz. Aus ethischen Gründen, um ein Zeichen gegen die Menschenrechtsverletzungen zu setzen. «Wenn viele Menschen darauf verzichten, ist das ein bedeutsames Zeichen. Die Fifa orientiert sich an Einschaltquoten, um mit TV-Rechten und Sponsoring Geld zu verdienen.»
Kritik an Arbeitsbedingungen
Seit Jahren werden die Arbeitsbedingungen für die Gastarbeiter, die die Stadien in Katar gebaut haben, von Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert. Lorenz Nydegger vom Verein Fussballkultur.ch bestreitet nicht, dass es Todesfälle gegeben hat. Er findet die Debatte aber «heuchlerisch». Noch nie seien in so kurzer Zeit, so viele arbeitsrechtliche Fortschritte erzielt worden wie in Katar. Viele Gastarbeiter aus Asien seien in Katar, um den prekären Arbeitsbedingungen der Textilindustrie zu entfliehen. «Man empört sich über Katar und kauft gleichzeitig billige asiatische T-Shirts im Grossverteiler.»
Zweifel an Nachhaltigkeit der Reformen
Dank des zivilgesellschaftlichen Drucks habe sich in der Frage der Menschenrechte in Katar «etwas bewegt», sagt auch Peter Kirchschläger. Katar habe Anpassungen vorgenommen, etwa beim «Kafala-System», welches die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer massiv einschränkt. Gewisse Schritte seien gemacht worden, «wenn auch viel zu kleine». Peter Kirchschläger setzt auch ein Fragezeichen, ob diese Verbesserungen «nachhaltig anhalten» werden.