Für die Tante einkaufen gehen? Als Kind wohl nicht gerade die Lieblingsbeschäftigung, auf die man jeweils in den Sommerferien gewartet hätte.
Oder doch? Roberto De Matteis, Mozzarella-Produzent aus Winterthur mit italienischen Wurzeln, konnte es als Kind jeweils kaum erwarten, sich in den Sommerferien im Auftrag der «Zia» das Einkaufskörbli zu schnappen, um für sie im Dorf «le spese» zu machen.
Der unvergessliche Mozzarella-Geschmack
Einkaufen zu gehen hiess nämlich immer auch in der kleinen Dorfkäserei vorbeizugehen, um Mozzarella zu kaufen: Nodini, Mozzarella-Knöpfe, mal grössere, mal kleinere, oder eine «Treccia», ein zu einem Zopf geknüpfter Mozzarella-Strang. «Und das Schönste», erinnert sich Roberto De Matteis, «kam dann nach dem Einkauf».
Mit einer Gabel durfte er in der Küche der Tante einen Mozzarella aufspiessen. Vom zart-fasrigen Käse löste der junge Roberto ganz langsam und genüsslich mit den Fingern Schicht für Schicht ab und schob die milchig-frischen Mozzarella-Fasern in den Mund.
«Das Mundgefühl beim Essen war ein komplett anderes», erinnert sich Roberto De Matteis heute noch, «und der Mozzarella schmeckte so viel frischer und milchiger als derjenige, den ich mir aus der Schweiz gewohnt war». So kam er als Kind auf die Idee, einmal eine Mozzarella-Maschine in die Schweiz zu importieren.
Erst über Umwege zum «Mozzarellaio»
Der Kindheitstraum ging vorerst aber nicht in Erfüllung. Roberto De Matteis studierte Mathematik, arbeitete bei einem grossen Rückversicherer in Zürich als Versicherungsmathematiker und ass den wirklich guten Mozzarella weiterhin praktisch ausschliesslich in Italien.
Als er sich nach 15 Jahren bei der Versicherung im Jahr 2017 eine begrenzte Auszeit nimmt und etwas ganz anderes machen will, wird der Traum von der Mozzarella-Herstellung wieder ein Thema.
Ausgerechnet der damalige CEO bei der Rückversicherung spielte dabei eine entscheidende Rolle: «Er hat mir einen Artikel über Mozzarella-Produktion in die Hand gedrückt, weil er wusste, dass ich ein Mozzarella-Fan bin.»
Ein Traum geht in Erfüllung
Roberto De Matteis liest den Artikel, packt kurz daraufhin die Koffer und fährt nach Süditalien. Er möchte mehr über Mozzarella erfahren und will der Sache auf den Grund gehen.
«Als ich auf meiner Reise von Käserei zu Käserei ging, und wie damals als Kind den Mozzarellaios bei ihrer Arbeit zuschaute und sah, mit welcher Eleganz sie den Teig filierten, bekam ich Hühnerhaut und wusste, dass ich das auch machen will.»
Roberto De Matteis liess sich in Italien bei einem «Crash-Kurs» in die Kunst der Mozzarella-Herstellung einführen. Später versuchte er, das Gelernte zu Hause umzusetzen.
Zuerst im kleinen Rahmen, bis er schliesslich 2018 in einem der Gebäude der ehemaligen Maggi-Fabrik in Kemptthal bei Lindau ZH seine eigene Mozzarella-Manufaktur «Idea salentina» gründete.
Schwerer Anfang als Quereinsteiger
«Selbstverständlich ging das nicht immer ohne Rückschläge vonstatten», erinnert sich Roberto De Matteis. Er war damals ein absoluter Quereinsteiger und hatte vom Käsen wenig Ahnung.
Schritt für Schritt habe ich gelernt, indem ich Fehler gemacht und diese wieder korrigiert habe.
Der Versicherungsmathematiker musste plötzlich eine Käserei konzipieren und einrichten. Zudem musste er in der Region Bauern finden, die ihm die geeignete Rohmilch für seinen Filata-Käse liefern konnten. «Das war alles andere als einfach», sagt er, «und ich habe auch viel Lehrgeld zahlen müssen».
Zum Glück hatte Roberto De Matteis einen guten Kontakt zu einem Mozzarellaio in Italien. «Diesen habe ich immer wieder mal angerufen und um Hilfe gefragt, wenn sich der «Teig» für den Käse wieder nicht so verhalten hat wie gewünscht. Schritt für Schritt habe ich gelernt, indem ich Fehler gemacht und diese wieder korrigiert habe.»
Aufgeben war für Roberto De Matteis nie eine Option: «Ich bin bezüglich Mozzarella ein Getriebener und in schwierigen Situationen habe ich mir jeweils einfach gesagt, du hast schon so viel gemeistert, wegen dieses einen Problems gibst du jetzt sicher nicht auf.»
Ohnehin hatte Roberto De Matteis von Anfang an so viel Herzblut in sein Mozzarella-Projekt gesteckt, dass er mittendrin nicht einfach hätte aufgeben können.
Lange Arbeitstage und wenig Ertrag
«Mozzarella herstellen macht mich glücklich», sagt Roberto De Matteis. «Ich geniesse die Tage, an denen alles rund läuft, die Rezeptur stimmt, der ‹Teig› für den Käse exakt so ist, wie er sein muss und die Mozzarella-Knöpfe die perfekte Form haben. Das sind Tage, an denen du weisst, dass du die Leute mit deinen Produkten glücklich machen wirst.»
Für Roberto De Matteis sind das die Momente, die darüber hinwegtrösten, dass er häufig sehr lange Arbeitstage hat. Er arbeitet sechs Tage die Woche und kann heute noch weder sich selbst noch seinen Mitarbeitern einen wirklich angemessenen Lohn auszahlen.
Der Goldmedaillen-Käse
Heute produziert Roberto De Matteis weit entspannter als damals nach der Gründung seiner eigenen Firma.
Mit einem kleinen Team verarbeitet der Mozzarellaio im Jahr 35'000 Liter Rohmilch aus der Region zu Mozzarella (Fior di latte), Burrata und Ricotta. Seine Produkte verkauft er an ausgewählte Läden, in der Gastronomie oder auf Wochenmärkten in Zürich und Winterthur.
Sein handgemachter Käse kommt gut an. Sehr gut sogar. Nicht nur bei Marktgängern und Gastronomen: Gerade hat De Matteis bei einem grossen internationalen Käsewettbewerb, dem «Concours international de Lyon», eine Goldmedaille für seinen Mozzarella erhalten.
Im Jahr zuvor wurde seine Burrata mit zwei Goldmedaillen gekrönt. «Selbstverständlich lernen wir auch heute noch jeden Tag dazu», sagt er. Doch heute weiss er, wie guter Mozzarella hergestellt wird.
In der Sendung «À point – Wissen aus der Küche auf den Punkt gebracht» tischen wir Ihnen Wissenswertes rund um die Küche und das Kochen auf.
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