Das Jahr 2024 geht ans Eingemachte. Viele haben weniger Geld in der Tasche. Die Kosten für Krankenkasse, Strom und Lebensmittel sind gestiegen. Die Auswirkungen sind dort spürbar, wo Hilfe geboten wird.
Regine Rust, Geschäftsleiterin der Stiftung Suchthilfe St. Gallen, rechnet mit einem weiteren Ansturm in ihrer Gassenküche. Erst recht jetzt, wo der Winter Einzug gehalten hat.
Es kommen auch mehr jüngere Menschen, und das ist erschreckend.
Früher frequentierten die Gassenküche hauptsächlich Menschen mit Suchtproblemen, die man über Jahre kannte, sagt Regine Rust. Heute sei das anders. Es kämen immer mehr Menschen, die arbeiteten und trotzdem nicht genug Geld zum Leben hätten. «Es kommen auch mehr jüngere Menschen, und das ist erschreckend.»
Junge Menschen, die aus der Sicht von Regine Rust an einem anderen Punkt im Leben stehen sollten, gehen in der Gassenküche ein und aus. Ihre Motive: zu wenig Geld, Schwierigkeiten, eine Wohnung zu finden und Einsamkeit.
Jetzt, wo der erste Schnee liegt und die Temperaturen um den Nullpunkt sind, ist man in der Gassenküche noch mehr gefordert. Man kaufe mehr Lebensmittel ein und sorge dafür, dass genügend Personal im Einsatz sei.
60 bis 70 Mahlzeiten gehen aktuell in der Gassenküche St. Gallen täglich über die Theke. Kurz nach dem Mittag sei alles weg, sagt Rust. «Das ist ein enormer Anstieg.» Früher habe man 30 Mahlzeiten zubereitet.
Dieser Anstieg beschäftigt Regine Rust. Wenn es so weitergeht, werde es auch bei ihnen noch enger und man müsse überlegen, wie es weitergehe. Eine Trendwende sei leider nicht in Sicht.
Durchschnittlich versorgen wir in Zürich jede Woche 1500 bis 1700 Familien mit Nahrungsmitteln.
Auch beim Verein «Essen für alle» ist der Ansturm gross. Die Organisation ist in fünf Kantonen präsent und eröffnet dieser Tage einen Standort in Biel.
Der 26-jährige Gründer Amine Diaré Condé ist selber armutsbetroffen. Seine persönliche Geschichte hat ihn inspiriert. Sein Verein verteilt kostenlos Essen und Hygieneartikel an Menschen, deren Geldbeutel klamm ist.
Um essen zu können, nehmen Armutsbetroffene in Kauf, am Standort in Zürich jeden Samstag eineinhalb Stunden bei jedem Wetter anzustehen. Für manche, die gesundheitlich angeschlagen seien, sei das eine Tortur, sagt Condé.
Durchschnittlich versorgt «Essen für alle» in Zürich jede Woche 1500 Familien mit Nahrungsmitteln, so der Initiant. Er befürchte, dass es noch schlimmer kommt. Alles sei teurer geworden, während der Lohn gleich geblieben sei.
In der Schweiz leben gemäss Bund 750'000 Menschen in Armut. Darunter auch viele Kinder. Das Kinderhilfswerk «Petite Suisse» geht von 136'000 Kindern im Alter von 0 bis 16 aus. Für sie setzt sich die Organisation ein.
Wir haben in diesem Jahr fünf Abgabestellen mehr als letztes Jahr
Immer mehr junge Familien gerieten ohne eigenes Verschulden in eine finanziell ausweglose Situation, unter denen die Kinder oft am meisten litten, sagt die Gründerin Anita Eichenberger. Verlust der Arbeit, ein Unfall, eine schwere Krankheit oder eine Scheidung können Familien unverschuldet in dramatische Notlagen bringen.
Ein Geschenk zu Weihnachten – für viele Kinder dieser Familien bleibt dies ein Traum. Mit der jährlichen Aktion «Engel verschenken Weihnachtspakete» sollen auch solche Kinder nicht leer ausgehen, so Eichenberger.
Dieses Jahr sei es extrem. «Wir haben fünf Abgabestellen mehr als letztes Jahr». Da waren es 50. Während im vergangenen Jahr über 9500 Kinder ein Weihnachtspäckli von «Petite Suisse» erhalten haben, dürften es diese Weihnachten rund 1500 bis 2000 Kinder mehr sein, deren Augen leuchten werden.