Die Graffitikunst hat ihren schlechten Ruf längst hinter sich gelassen. Was früher verboten war, ist heute anerkannte Kunst. Wohl einer der bekanntesten Sprayer der Schweiz ist Fabian «Bane» Florin. Er spricht darüber, wie ihn das Sprayen aus der Sucht geholt hat und wieso er sich für das Sprayen einsetzt.
Radio SRF 1: Sie sind mit 14 Jahren in die Sucht abgerutscht. Wie kam es dazu?
Fabian «Bane» Florin: Mit 14 Jahren wurde ich suchtkrank. Es ist der klassische Weg, den man sich vorstellt. Ich habe mit kleineren Sachen angefangen, immer härtere Substanzen genommen, bis hin zu Heroin und Kokain. Ich habe dann auf der Strasse gelebt. 14 Jahre lang war ich suchtkrank und randständig.
Sprayen wurde früher mit Jugendlichen in Verbindung gebracht, die auf die falsche Bahn geraten sind. Bei Ihnen war es genau umgekehrt. Das Sprayen hat Sie aus der Sucht geholt.
Ich habe bereits vor meiner Drogensucht gesprayt. Als ich süchtig war, aber nicht mehr. Mit der Sucht kam die Beschaffungskriminalität. Irgendwann war mein Strafregister so voll, dass ich zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Zuerst war ich ein Jahr lang auf der Flucht, bis ich verhaftet wurde. Ich landete in der Psychiatrie und musste einen Zwangsentzug machen. Anstatt einer Gefängnisstrafe konnte ich eine stationäre Therapie machen. Ich beikam so die Chance, gesund zu werden und an mir zu arbeiten.
Wo kommt das Sprayen ins Spiel?
Wenn du 14 Jahre lang suchtabhängig bist, das dein Lebensinhalt ist und du das hinschmeisst, dann bist du ein leerer Mensch. Man muss alles neu lernen. Am Morgen aufstehen, duschen, Tagesstruktur. Man braucht auch eine neue Beschäftigung.
Während meiner Therapie kam mein altes Hobby, das Sprayen, wieder auf. Ich hatte die Möglichkeit, wieder damit anzufangen. So habe ich eine verlorene Liebe wiederentdeckt.
Während meiner Therapie kam mein altes Hobby, das Sprayen, wieder auf. Ich hatte die Möglichkeit, wieder damit anzufangen. So habe ich eine verlorene Liebe wiederentdeckt.
Also ist Ihnen von einem Tag auf den anderen bewusst geworden, dass es sich fürs Sprayen lohnt, weiterzumachen?
Ich konnte damals an einem Graffiticontest mitmachen. Die Churer Justiz erlaubte es mir, und stellte mir 200 Franken zur Verfügung, damit ich Farben kaufen konnte. Als ich anfing zu malen, war das mein Moment der Erleuchtung. Mein Knopf ging auf und ich entdeckte die Lebensfreude. Mit jedem Strich wurde ich sicherer, was ich in Zukunft machen möchte.
Bane ist mehr als ein Künstlername. Wieso?
«Bane» ist eng verwurzelt mit der schwierigen Zeit, die ich hatte. Heute sagt man im englischen Raum «the bane of my life», quasi der Fluch meines Lebens. Als ich clean geworden bin, musste ich «Bane» töten und ich bin als Fabian wiedergeboren worden. Ich war mein eigener «Bane». Ich war mein eigenes, ständiges Ärgernis über die letzten 14 Jahre. Der Name klingt gut, hat einen Sinn und ich trage ihn als Mahnmal.
Sie sind nun seit vielen Jahren ein grosser Name in der Schweizer Graffitiszene. Vor ein paar Jahren haben Sie das Churer Streetart-Festival ins Leben gerufen. Wieso ist es Ihnen so wichtig, Leuten den Zugang zum Sprayen zu vermitteln?
Klar gibt es noch immer illegales Sprayen, aber Graffitis sind heute mehr als das. Sprayen ist eine ernsthafte Sache. Es ist Lebensunterhalt und Lebensinhalt. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das Sprayen in den Kunstgeschichtsbüchern als nächste grosse Epoche drin stehen wird. Es ist wichtig, dass die Leute verstehen, was wir hier machen und, dass unsere Arbeit gesehen wird.