Unter «Berndeutsch» stellen sich die meisten den Dialekt des Berner Mittellandes vor. Aber da gibt es noch viel mehr! Und das ist aufgrund der Grösse des Kantons auch nicht verwunderlich. Die wichtigsten Berner Dialektregionen sind folgende:
1. Oberland
Wegen seiner geografischen Lage am Fuss der Alpen, aber auch aus historischen Gründen, unterscheiden sich die Mundarten im Berner Oberland am stärksten von jenen im Resten des Kantons.
Während das restliche Kantonsgebiet zum hoch alemannischen Dialektgebiet gehört, wird das Oberland zum höchst alemannischen Raum gezählt.
Zu den höchstalemannischen Eigenheiten zählt etwa, dass die mittelhochdeutschen «Hiatus-Monophthonge» erhalten blieben, also schn ii e, b uu e statt schn ei e, b ou e .
Oder dass im (mittleren und östlichen) Oberland die starken althochdeutschen Vokale am Ende von weiblichen Wörtern weiter ausgesprochen werden: e Tann a , zwo Tann i , gegenüber hochalemannisch e Tann e , zwo Tann e .
Ausserdem bleibt das «l» im Berner Oberland erhalten: halbvoll, Wälle statt haubvou, Wäuue .
2. Oberaargau und Unteremmental
Der Oberaargau und teilweise das Unteremmental im Nordosten des Kantons bilden den Übergang zwischen westlichem und nordwestlichem Schweizerdeutsch.
Wie im Nordwesten (SO, BL, BS) werden die Vokale in offenen Silben gedehnt ( lääse , spiile , Naase ) sowie die «harten» «p» und «t» zum Teil zu «b» und «d» abgeschwächt: Baarkblatz , Daag .
Und wie in der Nordwestschweiz wird das lange mittelhochdeutsche «a» zu «o»: Oobe , Strooss , Hoor . Und wie im Kanton Solothurn sagt man im Oberaargau vüu Müuch statt viu Miuch .
3. Seeland
Auch im (nördlichen) Seeland wird das lange «a» zum «o» und die «p» und «t» werden zum Teil ebenfalls abgeschwächt. Im westlichen Seeland sagt man zum Beispiel Mügge statt wie im Rest des Kantons Mugge . Ansonsten geht das Seeland hingegen mehr mit dem Berner Mittelländer Dialekt.
4. Mittelland
Wenn Leute «Berndeutsch» sagen, dann meinen die meisten den Dialekt des Berner Mittellandes, rund um die Stadt Bern. Ursprünglich nur in einem kleinen Gebiet gesprochen, breitet sich dieser «Zentrumsdialekt» seit Jahrzehnten in alle Richtungen aus.
Typisch für das Berner Mittelland ist etwa Bieni statt Beiji/Biiji für die Biene, schlööfle für schlittschuhlaufen oder Mürggu für den Brot-Anschnitt. Charakteristisch ist auch tief gegenüber töif im Norden und tǜǜf/teif im Süden.
5. Aare- und Gürbetal, Schwarzenburgerland und Oberemmental
Die Dialekte im Aare- und Gürbetal sowie im Schwarzenburgerland und im oberen Emmental bilden den Übergang zwischen den Mittelländer und den Oberländer Mundarten.
Historisch hatte dieses Gebiet viele höchstalemannische Gemeinsamkeiten mit dem Berner Oberland, etwa die erhaltenen Hiatus-Monophthonge ( schniie , buue etc.) oder die Monophthongierung von «ou» und «ei» ( Bùùm, Ùùg, Gììss, Stìì statt Boum, Oug, Geiss, Stei ).
Im Lauf der letzten Jahrzehnte wurden aber bis an den Thuner- und teilweise den Brienzersee die hochalemannischen Varianten übernommen. Im oberen Emmental und im Schwarzenburgerland können sich die südbernischen Dialektmerkmale noch am ehesten halten.
Fazit: Vielfalt trotz Annäherung
Die Berner Dialekte nähern sich tendenziell an, der zentrale Mittelländer Dialekt breitet sich aus. Trotzdem ist im Kanton auch heute noch eine grosse Mundartvielfalt zu hören.