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Zurück aus den Ferien «Händers schön gha?»: Floskel-Pingpong im Treppenhaus

Ob mit Nachbarn, am Arbeitsplatz oder im Laden: Alltägliche Gespräche sind oft voller Floskeln. Das kann nerven. Aber Floskeln sind das unentbehrliche Schmiermittel für unsere Kommunikation. Was passiert da genau?

Und, wie sind d Ferie gsi?

Er gehört zur Heimkehr aus den Ferien, wie das Kofferauspacken und das Wäschewaschen: der Small Talk im Treppenhaus.

Nach einer oder zwei Wochen Abwesenheit kann man ja nicht wortlos an der Nachbarin vorbeigehen – wo sie doch so nett war, die Katze zu füttern und den Briefkasten zu leeren. Und mit dem Small Talk kommen die Floskeln.

- Super! I däm Italie isch halt au im Oktober no schön warm.
- Wunderbar! Händers gnosse?
- Ja, mir hend es paar Tagesusflüg gmacht und fein gässe.
- Ja, choche chönds z Italie, gäll.

Eine exakte Definition von «Floskel» gibt es nicht. Man versteht darunter verschiedene Arten von festen Wortverbindungen und Satzmustern, leere Phrasen, Gemeinplätze. Oft tritt die wörtliche Bedeutung einer Floskel in den Hintergrund – wichtiger ist ihre soziale und kommunikative Funktion.

Soziale Funktion: Höflichkeit zeigen

Viele Floskeln sind der sprachliche Ausdruck von Konventionen: ungeschriebene Gesetze darüber, wie Menschen angemessen miteinander umgehen sollen. Darum gibt es viele sogenannte «Höflichkeitsfloskeln» – mit ihnen drücken wir gegenseitig Respekt und Freundlichkeit aus.

- A propos Choche: Da no ganz es chliises Mitbringsel. Nume symbolisch, fürs Füetere und s Briefchaschteleere.
- Oh, aber das wär doch nid nötig gsi! Danke vilmal!
- Mol, sicher! Das Pesto machids übrigens i däm Dorf, wo mer gsi sind.
- Mhmm, da freu ich mich scho druf, die z probiere. Danke nomal!
- Nüt z danke! Mir hend z danke!

Kommunikative Funktion: Kommunikation aufnehmen, aufrechterhalten und beenden

Bestimmte Floskeln helfen, ein Gespräch überhaupt erst zu eröffnen ( Wie geits? Scho lang nümme gseh. Was machsch so? ).

Innerhalb eines Gesprächs gibt es dann immer wieder Situationen, in denen Leere, Stille zu entstehen droht – für die meisten Leute etwas Unangenehmes. Auch da greifen viele gern zu Floskeln.

- ...
- Und sälber? Gönder au no i d Ferie?
- Nei, mir müend beidi schaffe. Vil z tue im Gschäft...
- Klar. S git halt nüt gratis, gäll?
- Wem seisch das!

Floskeln sind also zentral in der Etablierung und Aufrechterhaltung von Gesprächen. Und besonders auch für deren Beendigung.

- Aaalso. Ich sött mal go uspacke.
- Ja du, dänn wott ich dich nümme länger ufhalte. Guets Dehei-Aachoo!
- Merci! En schöne Abig no!
- Danke gliichfalls! Und danke nomal fürs Pesto!
- Isch scho rächt!

Floskeln können auch nerven

Die hohe Floskeldichte in unserer Kommunikation, gerade in alltäglichen Gesprächen, hat also gute Gründe. Trotzdem regen sich viele über Floskeln auf. Die Kritik: Mit Floskeln reden wir, ohne etwas zu sagen.

Wie wir oben gesehen haben, stimmt das so nicht. Floskeln transportieren durchaus eine Botschaft. Auch wenn es nur die ist, dass wir gerade das Gespräch aufrechterhalten oder beenden möchten. Oder höflich zum Gegenüber sein. Man sollte Floskeln einfach nicht wörtlich nehmen. Dafür sind sie nicht gedacht.

Floskeln: Gewusst, wo und wie viel

Aber zu viele davon in einem Gespräch können beim Gegenüber den Eindruck erwecken, dass man gar nicht über konkrete Inhalte sprechen will. Und wenn jemand ein vertieftes Gespräch führen möchte, können Floskeln sogar völlig unangebracht sein.

- Ah, übrigens: Won ihr furt gsi sind, isch min Vatter gstorbe.
- Oje! Aber är isch ja scho alt gsi, gäll?

Mit den Floskeln ist es wie mit der Pesto – sie wollen gut dosiert sein.

Radio SRF 1, Dini Mundart, 18.10.2024, 9:40 Uhr

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