Es nieselt, es prasselt, es giesst wie aus Kübeln – in diesem Frühling sind wir auf die ganze Bandbreite unseres Regen-Vokabulars angewiesen. Tatsächlich habe es viel mehr geregnet als in anderen Jahren, bestätigt SRF-Meteorologe Felix Blumer: «Der März war zu nass, der April ungefähr im Durchschnitt und die erste Mai-Hälfte wieder deutlich zu nass.»
Regenwetter verhindert den Einsatz von Landmaschinen
Viel Regen ist grundsätzlich gut für die Natur: Nach dem niederschlagsarmen Winter füllen sich die Grundwasserspeicher allmählich wieder. Gerade im Tessin, wo es in den letzten Jahren sehr trocken war, ist man froh über die Regenfälle. Doch der Regen hat auch Nachteile, beispielsweise für die Landwirtschaft. So kann grösseres Vieh derzeit nicht auf die Weide – weil der Boden dadurch beschädigt würde.
Das nasse Wetter begünstige zudem Pilzkrankheiten beim Gemüse und hemme das Wurzelwachstum der Pflanzen, erklärt Gemüseproduzent Tobias Häberli: «Weil die Erde so feucht ist, bilden die Pflanzen kaum Wurzeln. Sobald die Sonne scheint und die Verdunstung stark ist, 'lampt' das Gemüse sofort.» Mit der absurden Konsequenz, dass man in einem nassen Jahr viel mehr wässern müsse.
Beim Säen und Setzen sind wir auf Maschinen angewiesen. Wir reden hier von drei bis vier Millionen Samen und 200'000 bis 300'000 Setzlingen.
Doch das Hauptproblem ist ein anderes: Die Landwirtinnen und Landwirte können mit ihren Geräten nicht aufs Feld, weil die schweren Landmaschinen den Boden derart verdichten würden, dass das Wasser nicht mehr abfliessen könnte. Konkret heisst das: Mähen fürs Silo ist nicht möglich, geschweige denn Heuen. Dafür müsste es zusätzlich noch einige Tage trocken sein.
Über Auffahrt wird Tag und Nacht gearbeitet
Weil der Einsatz von Maschinen nicht möglich ist, müssen Gemüseproduzierende wie Tobias Häberli das Unkraut derzeit von Hand entfernen: «Wenn wir mal mit der Maschine arbeiten können, dann sind die Zeitfenster sehr kurz. Dann haben wir vielleicht einen Nachmittag Zeit, bevor der Regen wieder kommt.»
Häberli kann aktuell weder Setzlinge einpflanzen noch säen: «Das können wir nicht von Hand machen. Wir reden hier von drei bis vier Millionen Samen und 200'000 bis 300'000 Setzlingen pro Woche.» Es bleibt ihm also nichts anderes übrig, als auf schönes Wetter zu warten.
Wenn das Wetter über Auffahrt tatsächlich besser wird, werden Häberli und seine Mitarbeitenden ausnahmsweise im Schichtbetrieb arbeiten: «Ich möchte die Pflanzen, die ich seit zwei oder drei Wochen einpflanzen sollte, endlich auf die Felder bringen.»
Weniger Karotten, Salate und Kartoffeln in den Regalen
Die schwierigen Pflanzbedingungen könnten sich auf die Ernte auswirken, wie Tobias Häberli sagt: «Möglicherweise haben wir im Sommer weniger Gemüse in den Regalen.» Speziell bei den Karotten, Salaten und Kartoffeln könnte es im Sommer eine Marktlücke geben.
Doch wie sind die Prognosen für ebendiesen Sommer? Laut SRF-Meteorologe Felix Blumer seien noch keine sicheren Voraussagen möglich. Doch er rechnet nicht mit einem niederschlagsreichen Sommer: «Viel wahrscheinlicher ist, dass auf einen nassen, kühlen Frühling ein trockener, heisser Sommer folgt.» Für den Gemüseproduzenten Tobias Häberli hiesse das: sehr viel wässern.