Radio SRF Solidaritätswoche - Bitte mehr davon: Warum Bildung derart wichtig ist
Durch Bildung kann der Kreislauf von Armut und Gewalt durchbrochen werden. Sie bietet Alternativen und Perspektiven. Fakt ist aber auch, dass jedes fünfte Kind weltweit keine schulische Ausbildung hat. Daher lanciert die SRG zusammen mit der Glückskette die Spendenaktion «Bildung für alle».
Fast 250 Millionen Kinder im Alter zwischen 6 bis 18 Jahren haben keinen Zugang zu Bildung. Betroffen sind Kinder aus Drittweltländern, aber auch aus Zentral- und Südamerika. Und ja: Auch in der reichen Schweiz ist jeder zehnte Jugendliche ohne Ausbildung. Neben Kriegsmeldungen, der Klimakrise und anderen geopolitischen Herausforderungen möchte die SRG zusammen mit der Glückskette im Rahmen der diesjährigen Solidaritätswoche auf ein «vergessenes» Problem aufmerksam machen: Bildung.
Bei Radio SRF 3 steht die ganze Woche im Zeichen der Solidarität. Von Montag, 18. Dezember 2023, bis Donnerstag, 21. Dezember 2023, bestimmt das Publikum das Musikprogramm von Radio SRF 3. Gegen eine Spende können Hörerinnen und Hörer ihre Lieblingssongs wünschen.
Solidaritätstag für mehr Chancengleichheit bei Radio SRF 1
Damit alle Kinder und Jugendliche in der Schweiz und weltweit den gleichen Zugang zu hochwertiger Bildung erhalten, findet am 21. Dezember 2023 ein Nationaler Solidaritätstag statt. Von 07.00 Uhr bis abends 23.00 Uhr nehmen Moderierende, Prominente und Freiwillige die Anrufe von Hörerinnen und Hörern entgegen. Mit dabei sind auch bekannte Schweizer Musikschaffende, deren Auftritte via Livestream auf srf1.ch zu sehen sind. Mit ihrer Spendenaktion setzt die Glückskette ein Zeichen für Chancengleichheit. Durch die Sendung führt SRF 1-Moderatorin Sandra Schiess.
Ohne Bildung droht die Armut – auch in der Schweiz
Die Schweiz ist stolz auf ihr Bildungssystem, bei dem alle Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit haben, die Volksschule zu besuchen. Nach der obligatorischen Schulzeit erfolgt normalerweise der Übertritt in eine weiterführende Schule, ein Praktikum oder die Lehre, danach ein Studium oder eine Anstellung im erlernten Beruf.
Berufsintegration für Jugendliche und junge Erwachsene
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Diese und weitere Programme stellen wir Ihnen in der Solidaritätswoche auf SRF vor:
Non-Stop: Das Programm des Zürcher Vereins Impulsisunterstützt benachteiligte Jugendliche ab der 3. Sekundarstufe beim Direkteinstieg in die berufliche Grundbildung. Weiter ist eine Begleitung während der Probezeit und dem ersten Lehrjahr möglich. Non-Stop ist insbesondere an Schulen mit hohem Migrationsanteil sinnvoll.
Never Walk Alone: Das Projekt Never Walk Alone richtete sich erst an Jugendliche, die teilweise oder ganz in Heimen oder bei Pflegefamilien aufgewachsen sind. Inzwischen ist das Angebot für alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen des Kantons Aargau offen. Inhalt: Unterstützung bei Themen aller Art wie Ausbildungs-, Job- und Wohnungssuche, finanzielle Beratung, Begleitung durch herausfordernde Lebenssituationen.
Bridge: Das Angebot Bridge der Quellenhof-Stiftung in Winterthur ermöglicht jungen Menschen mit psychischen Herausforderungen die schrittweise Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt. Dabei geht es unter anderem darum, sogenannt «ausbildungsfähig» zu werden, um den täglichen Herausforderungen im Berufsleben standhalten zu können.
So die Theorie. Aber für 10 Prozent aller Jugendlichen entspricht dies nicht der Realität. Klartext: Eine von zehn jungen Personen ist ohne Ausbildung oder ohne Arbeit. Der Bruch im Bildungsprozess kann verschiedene Gründe haben, wie das Beispiel von Andrew (18) zeigt. Er hat seine Ausbildung zweimal abgebrochen. Einmal, weil er zu viel «Seich» gemacht habe, und das zweite Mal, weil die Lehrmeister meinten, er passe doch nicht in den Betrieb. Generell empfand er sich damals als zu jung. Nun lanciert er in der Stiftung Töpferhaus in Aarau seine Berufskarriere neu.
01:18
Video
Gründe für einen Lehrabbruch
Aus Radio SRF 1 vom 15.12.2023.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 18 Sekunden.
Weiter können psychische oder andere gesundheitliche Probleme, kognitive Einschränkungen, Migrationshintergrund, bildungsferne Familienstrukturen oder beispielsweise ein instabiles soziales Umfeld den erfolgreichen Berufseinstieg erschweren oder gar verhindern. Die Folge: Betroffene werden gesellschaftlich stigmatisiert, ihr Risiko, später in Armut zu leben, ist viermal höher als bei einer herkömmlichen Berufskarriere. Die Solidaritätswoche von der Glückskette und SRF verfolgt das Ziel, Projekte zu unterstützen, die sich um Jugendliche und junge Erwachsene kümmern, deren Berufskarriere alles andere als linear verläuft.
Zum Beispiel das Töpferhaus in Aarau
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Die Stiftung Töpferhaus unterstützt mit dem Programm «Laufband» psychisch herausgeforderte junge Menschen bei der Integration in den ersten Arbeitsmarkt. «Manche unserer Coaching-Teilnehmenden haben Depressionen, Psychosen oder Persönlichkeitsstörungen», sagt Tobias Dätwyler, Job-Coach und Teamleiter beim Töpferhaus. «Aber auch Verunsicherung und Überforderung aller Art, Substanzkonsum und Druck aus dem Umfeld tragen dazu bei, dass junge Menschen mit ihrer Situation nicht mehr klarkommen.»
Eine Startrampe...
Wichtig ist es, Betroffenen neuen Halt zu bieten, eine Tagesstruktur, eine Aufgabe. Im ersten Teil des Laufband-Programms geht es denn auch darum, die Basis für einen Einstieg oder den Wiedereinstieg in die Berufswelt zu legen. «Am Morgen aufzustehen, pünktlich zu erscheinen und den Tag zu bestreiten, ist für manche schon eine Herausforderung.» Im Töpferhaus verfolgen die Jugendlichen ihre eigenen Projekte wie malen, basteln, gestalten, schreiben und andere Tätigkeiten.
…für die Berufsintegration
In der zweiten Phase des Programms, sobald die Teilnehmenden die Tagesstruktur einhalten können und bereit sind, sich mit ihrer Berufswahl auseinanderzusetzen, steht der ganze Berufsteil an. «Viele haben keine Ahnung, in welche Richtung es beruflich gehen soll und was ihre Stärken sind – das gilt es erst herauszuschälen», sagt Tobias Dätwyler. Löten, konstruieren, zusammensetzen, entwerfen, kreieren, am PC arbeiten, handwerklich tätig sein: An verschiedenen Arbeitsposten können die Teilnehmenden an ihren Fähigkeiten feilen. Steht ein Berufsplan, geht es um die Suche von Schnupper- und Lehrstelle.
Die Suche nach einem Lehrplatz
Coaching-Teilnehmer Andrew befindet sich derzeit in der Bewerbungsphase. Er hat bereits zwei Lehrstellen angefangen und aus diversen Gründen wieder abgebrochen (siehe Video). Sein sehnlichster Wunsch: «Ich möchte einfach eine Ausbildung bekommen und abschliessen.»
Das Töpferhaus-Team unterstützt ihn beim Bewerben und Ausloten der Möglichkeiten. Während die ersten beiden Ausbildungsversuche im Gesundheitssektor stattfanden, orientiert sich Andrew inzwischen in Richtung Veranstaltungsfachmann und Logistiker. Dieses Mal soll es klappen mit dem Abschluss: «Ich bin nun 18 Jahre alt, habe mein Leben verändert und bin erwachsener geworden.»
Betreuung während der Lehre
Sofern nötig kann Andrew auch während der Lehre auf die Hilfe vom Töpferhaus zurückgreifen, erklärt Job-Coach Tobias Dätwyler. «Bei Bedarf führen wir regelmässige Coaching-Gespräche mit dem Jugendlichen durch. Zudem stehen wir in solchen Fällen auch in Kontakt mit Schul- und Lehrbetrieb.»
Prekäre Bildungssituation in Burkina Faso
Burkina Faso ist eines der ärmsten Länder der Welt. Das Land ist zerrüttet. Zwei Regierungen wurden geputscht. Der islamische Staat kontrolliert einen Teil des Landes. Die Einschulungsraten in Burkina Faso gehören zu den niedrigsten der Welt. Schätzungsweise eine Million Kinder können keine Schule besuchen. Und bewaffnete Konflikte zwingen viele Familien zu flüchten. Das verschlimmert die Situation.
«Die Menschen zieht es vom Land in die Provinzhauptstädte. Das Problem: In den wenigen Schulen hat es keinen Platz für die vertriebenen Kinder», weiss Jonasse Zongo. Er ist Projektmanager bei Terre des hommes Suisse.
Gerade in Konfliktregionen ist der Zugang zu Bildung erschwert.
Das Hilfswerk engagiert sich in Burkina Faso und möchte 18'500 Kindern die Wiederaufnahme des Schulunterrichts ermöglichen. «Gerade in Konfliktregionen ist der Zugang zu Bildung erschwert», erklärt Judith Schuler. Sie ist Leiterin für Kommunikation und Fundraising der Glückskette. Genau deshalb sei es umso wichtiger, das Thema Bildung für alle auf den Tisch zu bringen «und zwar nicht nur in Krisengebieten, sondern auch in der Schweiz.»
Einer, der bereits profitiert, ist Soumaila Sawadogo. Der Dreizehnjährige hütete nach der Flucht zuerst Tiere, arbeitete danach drei Jahre lang als Motorrad-Taxifahrer. Er ist dankbar, kann er dank des Schulprojektes wieder lernen. «Ich möchte unbedingt Sanitäter werden. So kann ich Leben retten, vor allem das von Kindern.»
Kolumbianische Kinder landen in der Kriminalität
Salsa steht für südamerikanisches Temperament, für Lebensfreude. Als Hauptstadt dieser musikalischen Lebensfreude gilt Cali in Kolumbien. Doch in den Favelas der drittgrössten Stadt Kolumbiens herrscht alles andere als Lebensfreude. Drogenkartelle, bewaffnete Konflikte und Armut beherrschen das Leben der Menschen. Über 40 % der Kolumbianerinnen leben gemäss der Weltbank unter der nationalen Armutsrate.
Viele Kinder besuchen keine Schule. Sie sind ein leichtes Ziel für Banden und bewaffnete Gruppen. Dessen ist sich auch der Staat bewusst. Nichtregierungsorganisationen und die offizielle Entwicklungszusammenarbeit hätten entschieden dazu beigetragen, dass sie das realisiert hätten, sagt Oscar Sanchez Jaramillo.
Er ist seit 2023 Bildungs-Vizeminister in der neu gewählten Regierung Kolumbiens. «Zu viele Menschen wurden zu lange diskriminiert, vertrieben und vom zentralistischen Staat vergessen. Das müssen und wollen wir ändern und für die Menschen da sein.»
Doch bis es so weit ist, ist man in Kolumbien froh, um Engagements der Hilfswerke. Wie das Projekt Cecucol von Terre des Hommes. Leidy Viviana Cortez ist eine Lehrerin ohne Schulhaus. Mit einem Koffer voller Schulbücher und Schreibsachen zieht sie in Cali von Haus zu Haus. «Wenn beide Eltern arbeiten, betreuen die älteren Kinder die jüngeren Geschwister zu Hause», erzählt sie SRF 1-Moderatorin Sandra Schiess bei einem Besuch mit der Glückskette vor Ort.
Logischerweise könne sie nicht jedes Kind jeden Tag unterrichten. Doch sie versucht den Familien und Kindern, die keinen Zugang zum Bildungssystem haben, Vorschläge zu liefern, wie sie sich selbst weiterbilden können. Hilfe zur Selbsthilfe quasi. Für Cortez eine erfüllende Arbeit: «Dass ich helfen kann, ist meine grösste Genugtuung. Ich kann Teil ihres Lernprozesses sein und zu ihrem Wohlbefinden beitragen.»
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