Wo wird Nassreis angebaut? In der Schweiz wurde nördlich der Alpen 2017 erstmals mit Nassreis experimentiert. Dieser wächst im Gegensatz zu Trockenreis in gefluteten Feldern und ist global gesehen die gängigste Anbaumethode. Mittlerweile gibt es 13 Landwirtschaftsbetriebe, die auf einer Fläche von 19.5 Hektaren Nassreis anpflanzen. Der grösste Betrieb ist der von Léandre Guillod und seiner Familie. Sie setzen seit 2019 auf Nassreis. In Mont-Vully und Kappelen bei Aarberg konnten sie letztes Jahr 25 Tonnen ernten. Nebst Risotto-Sorten auch Schwarz-, Jasmin- und Sushireis.
Warum baut man Nassreis an? «Vor 30 Jahren hätte niemand Reis angebaut», erklärt Yvonne Fabian vom landwirtschaftlichen Forschungszentrum Agroscope. Der Klimawandel und der Wasserreichtum der Schweiz machen es heute möglich. Die konkrete Idee sei aber beim Ersetzen alter Drainagen entstanden. «Könnte man trockengelegte Äcker auch wieder vernässen, um biodiverse Lebensräume wiederherzustellen, aber ohne Ertragseinbussen?» Man müsse als Landwirt innovativ sein, sagt Guillod. Einen Drittel seines Umsatzes mache er bereits mit Reis. Das Kilo kostet rund 13 Franken.
Wie wird Nassreis angebaut? Den Reisanbau könne man nicht mit dem Gemüseanbau vergleichen. «Wir arbeiten im Wasser», erklärt Guillod, «bei allen anderen Kulturen versuchen wir das zu vermeiden». Der Anbau sei aufwendig. Die Felder müssen perfekt planiert sein. Die Setzlinge pflanzt er wie in Asien direkt ins Wasser. So könne er einen Grossteil des Unkrauts kontrollieren. Nicht aber die Hühnerhirse. Da Herbizide im Wasser verboten sind, muss von Hand gejätet werden. «Es ist eine Challenge, aber es macht Spass.»
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Bild 1 von 7. Ein Hauch Südostasien im Berner Seeland. Léandre Guillod und sein Bruder beim Jäten im Reisfeld. Bildquelle: Riz du Vully.
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Bild 2 von 7. Seit 2019 baut Guillod den «Riz du Vully» an. Hinzu kam 2023 das Feld in Kappelen bei Aarberg. Dort wächst der «Aareriis». Bildquelle: Riz du Vully.
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Bild 3 von 7. Die Reispflanzen werden im Gewächshaus vorgezogen und dann direkt ins Wasser gesetzt. Bildquelle: Riz du Vully.
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Bild 4 von 7. Bei allen anderen Kulturen will man Wasser verhindern. Beim Reis aber wird das Feld im Vorfeld perfekt planiert, damit es gleichmässig geflutet werden kann. Bildquelle: Riz du Vully.
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Bild 5 von 7. Die Ernte im Herbst findet dann auch wieder im Trockenen statt. Bildquelle: Riz du Vully.
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Bild 6 von 7. Der Reis ist dann aber noch nicht verkaufsfertig. Er wird noch getrocknet, geschält, poliert, sortiert und verpackt. Bildquelle: Riz du Vully.
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Bild 7 von 7. Der einheimische Reis kostet rund 10 Franken mehr als der aus dem Supermarkt. Wahrscheinlich sei dieser Preis ehrlicher und nachhaltiger, so Guillod. Bildquelle: Riz du Vully.
Was hat Reis mit Biodiversität zu tun? Der Nassreisanbau sei eine Win-win-Situation für Mensch und Natur, erzählt Yvonne Fabian. «Wenn man durch ein Reisfeld läuft, dann hüpft, fliegt und quakt es wie verrückt». Viele Pionierarten, etwa Libellen, profitieren von den gefluteten Lebensräumen. Amphibien und Vögel, die auf der Roten Liste stehen, können in den Reisfeldern gefördert werden. «Frösche, Unken und Kröten pflanzen sich fort. Kiebitze haben schon erfolgreich im Reisfeld gebrütet.» Viele Spazierende würden anhalten, um die Felder und die Tiere zu beobachten.
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Bild 1 von 5. In Reisfeldern quakt es. Frösche, Gelbbauchunken, aber auch die bedrohten Kreuzkröten, Molche und weitere Amphibien leben im Feuchtgebiet. Bildquelle: Riz du Vully.
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Bild 2 von 5. Und sie reproduzieren sich auch erfolgreich im Reisfeld, im Bild zwei junge Laubfrösche auf einer Reispflanze. Bildquelle: Ernst Weiss.
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Bild 3 von 5. In Reisfeldern «kreucht und fleucht» es aber auch. Diverse Libellenarten sind zu sehen. Bildquelle: Riz du Vully.
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Bild 4 von 5. Zum Beispiel diese frühe Heidelibelle in einem Reisfeld im Kanton Aargau. Bildquelle: Ernst Weiss.
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Bild 5 von 5. Und die Bruten des nur noch spärlich vorkommenden Kiebitz seien in Nassreisfeldern erfolgreicher als an anderen Standorten, so Yvonne Fabian. Einzelne Felder werden für die Vögel extra frühzeitig geflutet. Bildquelle: Riz du Vully.
Ist Reis nicht klimaschädlich? Nassreis gilt als Klimakiller. Er wird für rund 15 Prozent des weltweiten Methan-Ausstosses verantwortlich gemacht. Eine aktuelle Studie von Agroscope lässt aber aufhorchen. Messungen in einer Versuchsanlage legen eine positive Klimabilanz für den Schweizer Reis nahe. Wieder vernässte organische Böden stiessen weniger Treibhausgase aus als trockengelegte Felder. Die Reduktion des CO₂-Ausstosses überwog den Anstieg der Methan-Emissionen. Ob sich diese Resultate auf die Klimabilanz ganzer Reisfelder übertragen lassen, wird zurzeit erforscht.
Welches Potenzial liegt im Reisanbau? Agroscope hat errechnet, dass der Anbau von Nassreis auf 1000 Hektaren möglich wäre. «Das Potenzial ist da», ist Landwirt Guillod überzeugt. Es werde aber eine Nischenkultur bleiben. Der Reis soll sein Haupteinkommen werden. Auch Fabian glaubt an die Zukunft des Reises und sie hofft auf Erkenntnisse aus der Forschung: Zum Beispiel suche man noch Möglichkeiten, eine Fruchtfolge zu generieren.