Bis vor einem Monat weideten noch Kühe und Ziegen hoch in den Alpen. Nun liegt da der erste Schnee. Die meisten der über 7000 Alpbetriebe liegen verlassen in der rustikalen Berglandschaft. Zusammen mit den Tieren zogen Ende September auch die Älplerinnen und Älpler zurück ins Tal. Mit dem Alpabzug beginnt für sie die Wintersaison – und damit die Suche nach einem neuen Job.
Saisonarbeit auf der Alp
Denn nur ein kleiner Teil der rund 17'000 Älplerinnen und Älpler in der Schweiz besitzt einen Betrieb im Tal. Die meisten sind im Sommer «z'Alp» und gehen im Winter einer anderen Tätigkeit nach, zum Beispiel im Skigebiet. Solche saisonalen Jobs beginnen aber meist erst anfangs Dezember.
«Da besteht natürlich die Gefahr, dass es im Herbst und Frühling Monate gibt, die einkommenstechnisch nicht einfach zu überbrücken sind», sagt Erich von Siebenthal vom Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Verband. Doch immer mehr Firmen würden ihren Mitarbeitenden im Sommer freigeben, so, dass sie nach dem Alpabzug zurück in den Betrieb können. Denn auch das Alp-Personal ist auf ein Einkommen im Winter angewiesen. Die Arbeit auf der Alp im Sommer ist zwar intensiv, das grosse Geld verdient man damit aber nicht.
Der Bündner ÄlplerInnenverein und der Bündner Bauernverband handeln jeweils unverbindliche Richtlöhne aus, die in den Alpbetrieben schweizweit als Richtwert gelten. Je nach Tätigkeit, Erfahrung und Ausbildung liegen diese Löhne bei rund 177 bis 255 Franken pro Tag – wobei ein Arbeitstag bis zu elf Stunden dauern kann. Um genügend hohe Löhne zahlen zu können, sei man auf die Unterstützung des Bundes angewiesen, sagt von Siebenthal: «Ohne ginge es nicht.»
Im Winter auf der Piste
Die Familie Zimmermann aus dem Glarnerischen Linthal geht seit Jahren «z'Alp» und ist bis jetzt immer gut über die Runden gekommen. Rebekka Zimmermann hat gerade ihren 14. Sommer auf der Alp hinter sich gebracht. Zu Hause angekommen, widmet sie sich der Buchhaltung, die während der strengen Tage auf der Alp liegengeblieben ist. Gleichzeitig sucht sie Personal für die nächste Alpsaison und ist im Vorstand der regionalen Käsegenossenschaft. «Langweilig wird mir im Winter sicher nicht», sagt die Älplerin.
Rebekka Zimmermanns Mann Martin ist Pisten- und Rettungsschef im nah gelegenen Skigebiet. Durch die Leitungsfunktion kann er nahtlos von der rustikalen Alphütte im Sommer ins Büro der Rettung im Herbst bzw. Anfangs Winter wechseln. Dass dieses Privileg nicht alle Saisonarbeitenden besitzen, ist Martin Zimmermann bewusst: «Bei anderen ist dieser Druck, eine Saisonstelle zu finden oder einen Arbeitgeber zu haben, schon ein Problem.»
Job auf der Alp – attraktiv, oder nicht?
Ein weniger geregeltes Einkommen hat Älplerin Kristin Stroebel aus dem Bündnerischen Almens. Seit über 30 Jahren verbringt sie ihren Sommer auf dem Bodenälpli. Zuerst als Sennin und inzwischen als Hirtin. Im Winter flechtet sie Körbe. «Aus einem einheimischen Material etwas Sinnvolles zu produzieren, hat mich fasziniert.» Mit ihrem Einkommen müsse sie bescheiden leben. «Aber es ist sehr befriedigend, zwei so unterschiedlichen Arbeiten nachzugehen.»
Um eine Anstellung auf der Alp in Zukunft attraktiver gestalten zu können, erarbeitet der Verband zusammen mit der Berner Fachhochschule ein Forschungsprojekt. Darin untersuchen sie die Situation des Alp-Personals. Von Siebenthal betont aber: Die meisten Älplerinnen und Älpler seien flexibel und nicht hinter dem grossen Geld her. «Ich bin überzeugt, dass die Alpwirtschaft ihre Attraktivität behalten wird, weil sie einfach etwas Einmaliges ist.»